Samstag, 30. Juli 2011

29. Juli, 363

29. Juli, Reihoku (苓北町 Reihoku-machi?) bis Nagasaki (jap. 長崎市, -shi), 14,2km, 13349,5 Gesamtkm 

Datum: 29.7.11
Tag: 363
TagesunterstützerIn:
von: Reihoku m NN 18
nach: Nagasaki m NN 26
km 14,2
Gesamt km 13349,4949
km/h: 10,4
Fahrzeit 01:22
gesamte Fahrzeit: 1064:50:00
Anstieg in m pro h 111,95
Anstieg in m 153
Abfahrt in m: 145
höchster Punkt in m NN 136
Steigung/Gefälle 2,10
 
So sehr wir in diesem Land gerne unterwegs sind, so sehr gibt es immer wieder irritierend-verstörende Beobachtungen. Auf unserem romantischen Campingplatz sind drei Motorradfahrer mit Zelt und Benzinkocher und ein autofahrendes Paar mit großem Zelt. Diese kommen nach dem Einbruch der Dunkelheit, also gegen 20:00, zurück. Sie lassen ihr Auto laufen, um Licht am Grill zu haben (es steht eine Straßenlaterne direkt vorm Grill). Dann fangen sie an zu kochen und bekommen aber das Holz nicht angezündet. Also nehmen sie den Gaskocher, um das Holz anzuzünden. Insgesamt kochen sie bestimmt zwei Stunden, das Auto läuft (mitsamt Klimaanlage) die gesamte Zeit durch. Nicht nur, dass das unter Umweltaspekten ein Skandal ist, wir anderen zelten schließlich direkt daneben und haben so ungefragt einen tageshellen Campingplatz mit Auspuffgasen. Am nächsten Morgen sieht der Grill und die Umbegung aus wie ein Schlachtplatz, alles liegt herum und es wirkt so, als seien sie die einzigen hier. Andere versuchten dann auch noch dort zu kochen oder abzuwaschen, viel Platz ist nicht gewesen. Wir sind ganz am anderen Ende, daher in der Dunkelheit. Der Vorteil: alle Mücken sind beim Licht und wir haben einen ziemlich mückenfreien Abend. Aber man fragt sich schon: wozu eigentlich dann wegfahren und zelten?
Wie auch immer, der Morgen ist leicht bewölkt und noch nicht so warm. Um 7:00 kommt die Chefin des Platzes und wir zahlen dann doch unsere 11 Euro. Was für so einen schönen Platz aber ganz und gar in Ordnung ist. Zum Frühstück haben wir die geschenkten Kekse der alten Dame und brechen bald auf, da wir die Fährzeiten nicht haben. Wir bekommen die erste Fähre und sind wieder erstaunt, dass so viele Fähren auf dieser eher Nebenstrecke fahren und dies, obwohl sie nicht voll sind.  

 
Diesmal macht uns die Fahrt nachdenklich, denn das Wasser ist sehr dreckig und es gibt sogar immer wieder Öl-Felder. Der Blick geht zurück auf die Insel, die auf dieser Seite vom Kohlkraftwerk bestimmt ist.   

 
Daneben wieder die bewaldeten Steilküsten, immer wieder Schreine, die in ihrem Orange hervorstechen und viele feste Fisch-Netze im Meer.   


Wir kommen auf die Küste zu in einem Winkel, der uns bewusst macht, dass die Explosion der Atombombe auch von dort zu sehen gewesen sein muss, auch wenn ein Hügel zwischen uns liegt.  
 
 
Diesen kämpfen wir uns hinauf. Es ist irre heiß und irre steil und wir haben noch nie so geschwitzt. Wir können gar nicht so viel trinken, wie wir verlieren und denken, dass jeder Sauna-Gang eine trockene Angelegenheit gegen diese Fahrt nach oben ist. Triefend kommen wir oben an und es geht steil und rasant hinab nach Nagasaki (jap. 長崎市, -shi). Für einen Moment fühlen wir uns an Sarajevo (kyrillisch Сарајево; dt. auch Sarajewo; türkisch: Saraybosna) erinnert. Wieder eine Stadt im Tal mit so tragischer Geschichte. Es ist alles neu gebaut und modern angelegt, mit Trams und Bussen und der Eisenbahn. Wir sind angesichts der steilen Hügel froh, dass wir am Hafenbecken entlang fahren und auch dort bleiben können. Diesmal ist unser Ziel die Jugendherberge im „Catholic Center“. Wenn es so was schon gibt, wollen wir uns das auch anschauen. Die Zeit, im Computer noch genau zu lesen, wo sich was in Nagasaki befindet, hatten wir nicht und so wissen wir nicht, dass wir einen Ort suchen, der direkt im nächsten Umfeld der Bombenexplosion ist. Das Center ist sehr freundlich geführt und wir bekommen ein Zimmer. Das ist erst ab 16:00 frei und so verbringen wir die Mittagshitze mit dem Einstellen der Blogs der letzten zehn Tage. Irgendwann wird deutlich, dass es nur ein Bett für Wolfgang im Männer-Mehrbettzimmer ist und die junge Frau, die ab 15:00 Uhr Dienst hat, spricht soweit Englisch, dass wir klären können, dass wir beide ein „Bett“ brauchen und ein Zimmer. So bekommen wir ein Zimmer im japanischen Stil. Den Tag über verhandeln wir über die dritte Nacht, die wir dann am Abend auch zum selben Preis bekommen. So ganz blicken wir nicht, wer hier wer ist, aber das Machtwort für die dritte Nacht spricht dann ein Mann im Jacket. Der 3. und 4. Stock ist für die Priester vorgesehen, die Bäder sind wie immer getrennt, aber hier gibt es auch Waschmaschinen für Männer und für Frauen. Das ist uns ja relativ egal, wir brauchen einfach eine. Am Nachmittag laufen wir bei strahlend blauem Himmel los, um einen ersten Eindruck der Gedenkstätten zu bekommen.   

 
Der Friedenspark (jap. 平和公園, Heiwa-kōen), der schon 1955 eröffnet wurde,   

 
wird sukzessive mit Statuen von Ländern ergänzt, wobei die westlichen Staaten vor allem durch ihre Abwesenheit glänzen. Die (zum Teil nun ehemaligen) sozialistischen Staaten haben vor allem Frauen als Skulpturen.   

 
Hier die DDR.  


Im Vordergrund Tschechoslowakei (tschechisch und slowakisch Československo, entspricht der gegenwärtigen tschechischen Rechtschreibung) oder Tschecho-Slowakei (tschechisch und slowakisch Česko-Slovensko, entspricht der gegenwärtigen slowakischen Rechtschreibung), im Hintergrund Sowjetunion (kurz SU, vollständige amtliche Bezeichnung: Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken, kurz UdSSR, russisch Союз Советских Социалистических Республик (СССР)/Sojus Sowjetskich Sozialistitscheskich Respublik (SSSR) anhören?/i).
Bei den Skulpturen ist zugleich die Entwicklung der Kunst zu beobachten. Es ist ein beklemmendes Gefühl, an dem Ort zu sein, an dem die Bombe explodierte und mit Hiroshima ([çi'ɺoɕima], jap. 広島市, -shi, dt. „weiträumige Insel“) für den Inbegriff der (Nuklear)-KrieggegnerInnen wurde. Morgen geht es ins Museum, heute hat es schon geschlossen.