Samstag, 17. September 2011

17. September, Kyoto, 413

17. September, Kyōto (jap. 京都市, -shi, im Deutschen meist Kyoto, seltener auch Kioto geschrieben)
 
Es ist erstaunlicherweise sonnig und so fahren wir früher los. Den ersten Tempel, den Nishi Hongan-ji (jap. 西本願寺), erreichen wir beinahe im Trockenen. Auch er eines der Weltkulturerbe, aber ganz alltäglich in seinem Leben. Frisch renoviert erstrahlt er und die ersten beiden Tempel sind leer und ruhig. So bekommen wir in einem der beiden Tempel ein Mittagsgebet inklusive Unterweisungsstunde mit.  





Das Hauptgebäude und Tempel ist noch hergerichtet für die 750 Jahr-Feier dieser buddhistischen Glaubensform. Daher ist der Tempel in seiner Fassade nicht so gut zu sehen. Dafür aber sonst. Als wir im großen Tempel sitzen, geht der Starkregen los und es schüttet ohne Ende. Den ersten warten wir ab, dann laufen wir los. Wir wollen noch weitere Tempel im Norden sehen und müssen dafür die Bahnstation finden. Vorbei am Großmarkt, wo netterweise zwischen den Hinweisschildern des Marktes auch das der Bahn zu finden ist,  

erreichen wir den Bahnhof. Einmal im Zug fängt es wieder an zu regnen. Wir stehen am nächsten Bahnsteig und entscheiden: nein, das ist kein Wetter, um weitere Tempel mit ihren Zen-Gärten zu erkunden, auch wenn wir wohl alleine wären. Also fahren wir zurück und sind gespannt auf die Jugendherberge, die heute voll sein soll.
Der diensthabende erzählt, dass der Taifun Nummer 15 den Regen verursacht und in Okinawa (jap. 沖縄市, -shi) ist. Der Taifun Nummer 16 folgt ihm auf den Fersen, aber die nächsten zwei Tage sollen ok sein.

16. September, Kyoto, 412

16. September, Kyōto (jap. 京都市, -shi, im Deutschen meist Kyoto, seltener auch Kioto geschrieben)
 
Vor dem Losfahren müssen wir erneut die Unterkünfte klären. Kyoto sagen wir als Übernachtung ab, es wäre ein Dreibettzimmer gewesen und wir sind zu unterschiedliche Temperaturmenschen. Alex in der Kälte, Wolfgang in der Mitte, Gunda in der Wärme. Kyoto ist voll, also bleiben wir hier, wir haben noch den Rail-Pass. Die weitere Suche gestaltet sich, manchmal auch sprachlich, mühsam. Aber unsere Jugendherbergs-Dame ist ein wahrer Schatz und macht die Telefonate auf japanisch für uns. Nach drei Stunden sind wir nicht mehr obdachlos.
Die alte Kaiserstadt. Oder eine weitere. Denn genaugenommen sind wir ja auch in einer und Wolfgang und Gunda waren schon in Kashihara (jap. 橿原市, -shi, wörtlich: Eichenebene).
Das Wetter ist immer trocken, wenn auch die Wolken bereits Regen ankündigen. Aber schon beim Anschauen des Bahnhofs, besser des Vorgebäudes, fängt der Regen an. Es ist ein irres Gebäude.  

Wir wandern durch die Stadt, machen den empfohlenen Stadtspaziergang durch das südliche Higashiyama-ku (jap. 東山区, dt. „östlicher Bergbezirk“). Mit uns tun das einige, es ist aber längst nicht so voll wie die ausgebuchten Herbergen vermuten ließen. Die Beschreibung von Kyoto ist sehr passend. Die Umgebung um den Bahnhof lässt in der Tat nicht das Gefühl aufkommen, dass es sich um eine besondere Stadt handelt. Der Blick zum Tempel, der am Berg liegt, verändert die Wahrnehmung. Wir arbeiten uns die Stufen hinauf und verstummen angesichts der schieren Größe und auch des Prunks von diesem Tempel. Unser erster besichtigter ist der Otowasan Kiyomizudera (音羽山清水寺). Wir bleiben dort eine ganze Weile, schauen den Tempel an und den Leuten zu.   






Die Terrasse ruht auf hunderten von Säulen.   

Wir folgen mehr oder wenig erfolgreich dem vorgeschlagenen Weg und schaffen es tatsächlich, ihn zu verlassen. So oder so ist der Weg schön und geht an vielen alten Häusern vorbei. Mit dem Schließen der Tempel und Museen schließt auch das touristische Leben selbst seine Pforten und so bestehen die Straßen bald nur noch aus Holz und Licht.   



Inzwischen regnet es leicht. Bald regnet es stärker und wir entscheiden, einen Bus zum Bahnhof zu nehmen und nicht weiterzulaufen (es ist eh dunkel). Wir warten auf dem Bus, im Regen, in einer Schlange. Hier steht man Schlange. Also kann sich keiner unters Dach stellen, das einen halben Meter weiter hinten ist. Der erste Bus kommt, es steigen fünf ein, dann sei er voll. Für japanische Verhältnisse. Der nächste kommt, wir sind an vierter Stelle, nass, aber mit einer guten Chance. Es geht keiner im Bus durch und so wäre der Bus wieder „voll“ gewesen, wenn nicht Wolfgang die Leute im Gang weiter nach vorne geschoben hätte. Gunda schön hinterher, empörte Blicke, dann folgen die ersten, dann alle und siehe da: bis auf zwei ist die Haltestelle leer. Geht doch!
Im Bahnhofsgebäude gibt es einen Supermarkt und einen Bereich vorher mit Essen. Es wird kräftig heruntergesetzt und so denken wir: steht 100 Yen, also wird es das wohl kosten und uns läuft das Wasser im Mund zusammen. Wir nehmen drei gut aussehende, leicht überschaubare, Reis-Bento-Boxen für „100“. Der Taschenrechner sagt: 1400 noch was. Danke, wir verzichten. Also doch in den Supermarkt. Dort ist es nicht viel besser. Aber es gibt super Brot. Also essen wir  -den wohl teuersten Fisch, das beste Brot und Alex hat ein Omelette erstanden - im Zug, während draußen der erste Starkregen hernieder geht.

15. September, Himejii, 411

15. September, Himeji (jap. 姫路市, -shi)
 
Das wichtigste Ereignis heute: Unsere Räder werden den Weg nach Europa antreten. Ein wenig neidisch sind wir schon: während wir Stunden mit unfreundlichen Chinesen verbringen werden, werden unsere Räder edel mit den Emirates fliegen, Dubai sehen und in Amsterdam landen. Alex fliegt mit einem Business-Ticket und alles unter 40 Kilo ist kostenfrei. Wir werden dann nach Amsterdam fahren und dann mit dem Rad zurück. Uns fällt ein Stein vom Herzen und den Weg von Amsterdam werden wir im Fluge zurücklegen, denn wir haben ja kaum noch Gepäck.
Bei strahlenden Sonnenschein und leeren Zügen machen wir uns auf den Weg nach Himeji, dem Inbegriff einer japanischen Burg. In Osaka holt uns der Alltag des Zugfahrens ein und es wird richtig voll. So stehen wir und können leider nicht so richtig aus dem Fenster sehen, denn der Zug geht – jedenfalls auf der Karte – direkt am Meer entlang. Wir befinden uns aber in einem der dicht besiedelten Gebiete, so dass wir Häuser über Häuser sehen. Hinter Kōbe (jap. 神戸市, -shi) wird es leerer und schließlich ist das Meer zu sehen und mit ihm auch die große Brücke, die Honshū (Zum Anhören bitte klicken! [hoɴɕuː] , jap. 本州 ‚Hauptprovinz‘; im Deutschen auch Honschu) mit  Shikoku (jap. 四国 ‚vier Länder‘; deutsch auch Schikoku) verbindet. In Himejii angekommen, begrüßt uns eine Großbaustelle nach der anderen. Der Bahnhof ist eine Baustelle und so sind die Hinweisschilder erstaunlich unklar. Dennoch ist es nicht schwer, die Burg ausfindig zu machen.   

Mit dem strahlend blauen Himmel sieht sie aus wie im Bilderbuch – wäre da nicht die zweite Großbaustelle, denn der Hauptturm ist eingerüstet.   

Aber die übrigen Türme und die Anlage selbst sind sehr beeindruckend.    




Wir werden in japanischer Manier durch die Anlage geführt und dürfen in die Baustelle (für einen extra Eintritt) hinein. Auf diese Weise können wir die Dachkonstruktion sehen und die Formen der Renovierung. Der Hauptturm selber ist zum Teil offen und ohne Auslagen in den Schaufenstern in der Besichtigung schlicht, was schön ist, denn die Konzentration ist dadurch auf das Gebäude selber gelenkt. Die Burg ist voller Winker. Für den Innenbereich sind sie gleich zu zweit. Einer lenkt die Besucher mit einer Flüstertüte in seine Richtung, der nächste, einen Meter entfernt, lenkt die Besuchenden dann die Treppe hinauf, nachdem er das grüne Licht vom nächsten Winker auf der halben Treppe hat. Das setzt sich noch drei weitere Winker fort und es ist erstaunlich, dass sie Art der „Stille Post“ zum Ziel führt. Wenn sich alle an das japanische Besuchertemperament halten würden.   

Tun wir aber nicht und bringen daher das Durchschleusen ein wenig durcheinander. Aber dafür sind die Holzkonstruktionen zu schön.
Wir fahren im Massentransport wieder zurück, entscheiden, bis Kyōto (jap. 京都市, -shi, im Deutschen meist Kyoto, seltener auch Kioto geschrieben) zu fahren und von dort nach Nara (jap. 奈良市, -shi).

Übrigens: Isabell und Uwe sind in Tibet!