Heute vor einem Jahr begegnen wir Getränkeautomaten und erleben Fahrradgenuß.
Heute finden wir einen
Artikel, wo wir endlich unsere Beobachtungen der Eisenbahnbaustellen in China eiunordnen können:
von Martin Randelhoff
China
baut sein Hochgeschwindigkeitszugnetz immer weiter aus. Das Land
verfügt mit einer Länge von mehr als 7500 Kilometern bereits über das
weltweit längste Schienennetz für Hochgeschwindigkeitszüge. Dieses soll
bis 2012 auf mehr als 13.000 km erweitert werden. 2015 sollen mehr als
16.000 Kilometer Schnellfahrstrecke existieren.
Aber nicht nur
innerhalb des Landes plant China Hochgeschwindigkeitsstrecken. Längst
sind Strecken nach Laos, Thailand, Malaysia, Kambodscha und Myanmar in
Planung oder bereits im Bau.
Aber dies scheint dem Reich der Mitte noch nicht genug zu sein. Im Dezember 2010 hat China Bulgarien eingeladen zusammen mit der Türkei an einer Hochgeschwindigkeitsstrecke von China bis nach Europa zu arbeiten.
Die Strecke soll auf 320 Stundenkilometer ausgelegt werden. Insgesamt
sind drei unterschiedliche Trassenverläufe im Gespräch. Finanziert
werden soll dieses massive Bauprojekt von China. Allerdings dürfte China
Gegenleistungen erwarten. Myanmar liefert zum Beispiel Lithium an China
als Austausch für die Finanzierung und den Bau der Eisenbahnstrecke von
China in das international isolierte Land.
Mögliche Trassenverläufe China – Zentralasien – Europa
Für
die Eisenbahnverbindung nach Europa wird auch über einen alternativen
Trassenverlauf durch den Nahen Osten, Pakistan und Indien nachgedacht.
Die Route wäre vor allem im Interesse Indiens, dass allerdings aufgrund
politischer Erwägungen nicht allzu gewillt sein dürfte, mit China
zusammenzuarbeiten.
Nutzung der transsibirschen Eisenbahn
Alternativ ist auch eine Streckenverbindung zwischen Peking – Moskau – Berlin im Gespräch, auf der bereits streckenweise die Transsibirische Eisenbahn
verkehrt. Die transsibirische Eisenbahntrasse und die Verbindung
zwischen Ost-Kasachstan und Nordwest-China, die Dsungarische Pforte,
sind jedoch bereits heute gut ausgelastet, sodass die Kapazität nur
schwer erhöht werden kann. Des Weiteren ist derzeit eine Verlängerung des Breitspurnetzes bis nach Wien im Gespräch.
Die Strecke Guangzhou – Istanbul durch Zentralasien
Die
südlichste Route würde von Guangzhou nach Istanbul über Van, Teheran,
Kabul, Islamabad, Delhi, Dhaka, und Kunming führen. Neu errichtet werden
müssten 165 Kilometer Strecke von der chinesischen Stadt Kashgar bis
zur chinesisch-kirgisischen Grenze sowie 268,4 Kilometer Strecke durch
Kirgisistan. Der Bau der innerkirgisische Strecke würde etwa zwei
Milliarden Dollar kosten. Durch Usbekistan und Afghanistan
würde der Anschluss an das iranische Netz hergestellt werden. Vom
innerchinesischen Teil dieser Hauptstrecke würden Nebenstrecken nach
Hanoi und Ho Chi Minh City, Bangkok, Kuala Lumpur und Singapur
abzweigen. Diese Strecke wäre die kürzeste der drei möglichen Routen.
Problematisch ist jedoch das hügelige Gelände und die verschiedenen
politischen Probleme zentralasiatischer Länder untereinander sowie der
drohende Affront gegenüber Russland. So kam es 2010 zu gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen Kirgisen und der usbekischen Minderheit im Süden von Kirgisistan. Ebenso
umstritten ist die Streckenführung innerhalb Kirgisistans, da im
geplanten Verlauf 40 Prozent des Grundvorkommens liegen. In Kirgististan
selbst besteht außerdem Skepsis, dass das Land zu einer Art Chinatown
wird und vor allem chinesische Wanderarbeiter die Strecke errichten
werden.
Anbindung an das europäische Eisenbahnnetz über die Türkei (Kars – Edirne)
Die
Anbindung an das türkische Eisenbahnnetz und die weitere Anbindung nach
Europa wären ohne größere Probleme möglich. Die westtürkische Stadt
Kars befindet sich in unmittelbarer Nähe zur Grenze zu Armenien und
Georgien. Die strategisch wichtige Eisenbahnstrecke Baku-Tbilisi-Kars
(BTK) wird derzeit gebaut. Zudem liegt Kars an der Bahnstrecke
Istanbul–Ankara–Kayseri–Sivas–Erzurum–Gjumri (Armenien). Türkische und
chinesische Vertreter diskutieren den Bau einer neuen
Hochgeschwindigkeitsstrecke von Kars nach Edirne. Die Kosten werden mit
etwa 35 Milliarden Dollar angegeben, von denen China etwa 30 Milliarden
Dollar als Kredit gewähren würde.
Edirne liegt 220 km westlich von
Istanbul nahe dem Dreiländereck Bulgarien, Griechenland und Türkei am
Nordufer des türkisch-bulgarisch-griechischen Grenzflusses Meriç. Durch
die Stadt verläuft die Eisenbahnlinie Sofia–Istanbul und somit die
direkte Verbindung der Türkei nach Bulgarien. Derzeit verläuft mit dem
Optima Express eine privat betriebene Autozugverbindung (3x wöchentlich)
vom österreichischen Villach nach Edirne (1.400 km).
Die Strecke
Edirne-Kars verläuft durch 29 türkische Provinzen. Die Reisezeit soll
von heute 36 Stunden auf etwa 12 Stunden sinken. Bei Istanbul soll die
Strecke durch den Marmaray-Eisenbahntunnelgeführt
werden, der unter dem Bosporus hindurchführt und Asien mit Europa
verbindet. Das Marmaray-Projekt soll bis zum 29. Juni 2015 abgeschlossen
sein.
Die Strecke Peking – Berlin / Wien durch die kasachische Steppe
Die
mittlere Route würde von Peking nach Berlin oder Wien führen. Die
Routenführung wäre folgende: Lviv – Kiew – Volgograd – Astrakhan –
Aral’sk – Ürümqi
– Lanzhou – Xi’an – Zhengzhou – Peking. Diese Strecke würde großteils
durch flache Steppe führen, wäre also einfach und schnell zu bauen. Der
Zugang nach China würde einfach durch die Tien Shan und Altai Gebirge
erfolgen.
Bereits in den 1960er Jahren plante die Wirtschafts- und
Sozialkommission für Asien und den Pazifik der Vereinten Nationen,
ESCAP, ein 114.000 Kilometer langes Trans-Asien-Eisenbahnprojekt, das
Europa mit China verbinden sollte. Dieses Vorhaben wurde jedoch durch
die Kriege in Indochina, die chinesische Kulturrevolution sowie die
mangelnden finanziellen Mittel ausgebremst. 2006 unterzeichneten 22
asiatische Länder die Absichtserklärung eine solche Linie bauen zu
wollen. Aufgrund dieser Erklärung wurde mit dem Bau von
Hochgeschwindigkeitsstrecken von China nach Laos und Thailand begonnen.
Unabhängig davon wird derzeit an einer Eisenbahnstrecke von Kasachstan nach China gearbeitet,
die pro Jahr 40 Millionen Tonnen Güter transportieren soll. Innerhalb
Kasachstans wird die Strecke Dosty – Aktogai errichtet. Diese soll
später nach Europa verlängert werden.
Vorbehalte gegen wachsenden chinesischen Einfluss in Zentralasien
Die
größten Hindernisse einer Eisenbahnverbindung zwischen China und Europa
wären keine technischen, sondern politische. China hat mit dem
schwierigen Bau der Eisenbahnstrecke nach Tibet bewiesen, dass es auch
schwierige technische Herausforderungen meistern kann. Eine Strecke
durch Pakistan, den Iran
und den restlichen Nahen Osten würde aber einige Probleme auf
politischer Ebene mit sich bringen. Eine Route durch Kasachstan und
Russland scheint politisch weniger heikel zu sein, würde aber den Iran
tangieren. Dies kann vor allem in Europa zu Bedenken führen, die jedoch
unbegründet sein könnten. Schließlich betreiben die türkische,
iranische, kasachische, tadschikische, turkmenische, kirgisische und
usbekische Eisenbahnen seit 2002 den Eurasia Block Container Train,
einen Containerzug der auf der Strecke
Istanbul–Ankara–Teheran–Taschkent–Almaty verkehrt.
Die Konkurrenz
zwischen China und Russland um Einfluss im zentralasiatischen Raum
schränkt die Trassenwahl ebenfalls ein. Eine Strecke von China durch die
ehemalige Sowjetrepublik Kirgisistan wäre am effizientesten, wenn die
Strecke in Normalspur (1435mm) ausgeführt werden würde. Dies kollidiert
jedoch mit der derzeit genutzten russischen Breitspur und den Plänen
Russlands, eine Nord-Süd-Verbindung durch Kirgisien, Tadschikistan und
Afghanistan bis nach Indien zu errichten.
Natürlich muss man sich
klar darüber sein, dass es China vor allem um eine wachsende
Einflussnahme in der Region geht. Mit einer Eisenbahnstrecke ließe sich
der chinesische Einfluss in der Region sicherlich steigern. Des Weiteren
würde sich China Zugriff auf wichtige Rohstoffe wie zum Beispiel
Lithium sichern. Die chinesische Regierung bietet vielen
zentralasiatischen Ländern an, Investitionen in die lokalen
Eisenbahnnetze mit Schürfrechten oder Rohstofflieferungen zu bezahlen.
Abgesehen
davon stellt sich mir persönlich die Frage nach dem Sinn einer solchen
Hochgeschwindigkeitsstrecke, die zeitlich keinesfalls mit dem Flugzeug,
das für diese Strecke zwischen 10 und 14 Stunden benötigt, konkurrieren
könnte. Eher wäre eine Art “Intercity”-Zug
denkbar, der die mangelhaft untereinander verbundenen Städte
Zentralasiens mit China und Europa verbindet. Ich kann mir jedoch sehr
gut Gütertransporte auf dieser Strecke vorstellen. Diese würden die
Transportzeit von China nach Europa gegenüber dem Schiffstransport
(circa 20 Tage) erheblich verkürzen und könnte für den Transport
zeitsensitiver Güter, deren Transport per Flugzeug im Vergleich zum
Warenwert zu aufwendig wäre, dienen. Bereits 2008 hat die Deutsche Bahn einige Güterzüge von und nach China fahren lassen.
In Xiangtang, rund 700 Kilometer nördlich von Hongkong, ist am Freitag ein Container-Zug Richtung Deutschland abgefahren. Der mit 50 Containern beladene Fujitsu Siemens Computers Company-Train transportiert im Auftrag des in München
ansässigen Unternehmens in China produzierte IT-Produkte wie Monitore
und Chassis nach Hamburg. In der Hansestadt wird der von DB Schenker in
Zusammenarbeit mit der Russischen Eisenbahn RZD und den chinesischen
Eisenbahnen betreute Zug nach 17 Tagen und über 10.000 Kilometer Strecke
am 6. Oktober erwartet.
Der Zug, dessen gesamter Vorlauf in China
von verschiedenen DB-Schenker-Gesellschaften organisiert wurde,
durchquert China, die Mongolei und passiert bei Irkutsk die Grenze zu
Russland. Er folgt im weiteren Verlauf der Trans-Sibirischen Eisenbahn
via Nowosibirsk, Omsk, Ekaterinburg bis Moskau. Von dort rollt er über
Weißrussland und Polen weiter nach Deutschland. Nach der Ankunft in
Hamburg werden die 50 Container in zwei Richtungen weitergeleitet: Die
Monitore gelangen mit dem Zug weiter ins europäische Verteilzentrum von
FSC nach Worms, die Chassis fahren direkt bis zur Fabrik nach Augsburg,
in der PCs und Server produziert werden. Rund 60 Prozent der Produktion
von Fujitsu Siemens Computers findet in Deutschland statt.
“Mit
Fujitsu Siemens Computers hat uns erstmals ein Unternehmen damit
beauftragt, einen kompletten Zug auf dem Landweg von China nach
Deutschland zu fahren. Unsere Company-Trains wollen wir
weiterentwickeln, weil es für viele unserer Kunden eine zukunftsfähige
Ergänzung zum Schiff und zur Luftfracht ist”, sagt Hartmut Albers,
Geschäftsführer der Trans Eurasia Logistics bei DB Schenker. “Zugleich
markiert dieser Zug den Einstieg in den Regelverkehr auf der bedeutenden
Handelsachse: In einigen Monaten planen wir die Betriebsaufnahme des
Trans Eurasia Express, einer wöchentlichen Verbindung China –
Deutschland mit Abfahrten in beiden Ländern.”
Unterschiedliche Spurweiten behindern Interoperabilität zwischen den Netzen
Bis
zu einem Baubeginn wären aber noch einige Probleme zu lösen. Dies
betrifft nicht nur politische, sondern auch Probleme der
unterschiedlichen Spurweiten. Diese beträgt in Europa, dem Iran, der
Türkei und China 1435 mm, in großen Teilen Indiens und Pakistans
1676 mm, in Russland und den meisten angrenzenden Ländern jedoch
1524 mm. Dies würde umfangreiche Umspurungsmaßnahmen oder in vielen
Ländern die Errichtung eines Eisenbahnnetzes mit anderer Spurweite mit
sich bringen (wie zum Beispiel das spanische Hochgeschwindigkeitsnetz).
Unterschiede gibt es auch bei den Kupplungen: in Europa werden Puffer
und Schraubenkupplung verwendet, in Russland und China die russische
SA-3 Kupplung. Dies würde den Einsatz eines Unikuppler (UIC 69e)
notwendig machen.
Derzeit plant China den Bau einer Hochgeschwindigkeitsstrecke Ürümqi
– Lanzhou – Xi’an – Zhengzhou – Peking mit einer Gesamtlänge von etwa
3.600 Kilometern. Der Bau der restlichen Eisenbahnstrecke bis Europa
würde bis etwa 2025 dauern.