Datum: 7.11.10
Tag: 99
TagesunterstützerIn: Christoph Weyer
von: Nurdagi m NN 945
nach: Gaziantep m NN 862
km 80,01
Gesamt km 5034,6425
km/h: 11,89
Fahrzeit 06:43
gesamte Fahrzeit: 379:34:00
Anstieg in m pro h 130,12
Anstieg in m 874
Abfahrt in m: 957
höchster Punkt in m NN 1126
Steigung/Gefälle 2,29
Wasserscheide Kartaldagi (1.126 m NN.) zwischen Mittelmeer und Persischem Golf
Gerade sitzen wir mit eingekauftem Abendbrot (Brot und Wurst und Bier) im Hotelzimmer in Gaziantep – das ist dann in der Regel der Kompromiss: Hotelzimmer und dann Picknick dort, da beides zu teuer wäre – und phantasieren uns Senf und Biobrot herbei…. Bier. Das mit dem Bier ist hier doch sehr lustig. Es gibt es inzwischen nur noch in extra Läden oder Bars. Die Läden werben indem sie entweder ein Schild mit dem Efes-Bier haben oder aber direkt die leeren Kästen auf die Straße stellen. Wenn beides nicht ist, lohnt sich der Blick um die Ecke auf die Ansammlung von leeren Kästen: manchmal stehen ganz verstohlen zwei bis drei Efes-Kästen dabei und dann gibt es hinter der Theke in der untersten Schublade des Kühlschranks (also nicht zu sehen) einen geheimen Vorrat. Wie auch immer, spätestens nach dem Einkauf wird man für das ganze Dorf oder Stadt geoutet: Alkohol wird stets in schwarzen Plastiktüten verpackt, alles andere in durchsichtigen…..
Der Morgen ist erstaunlich kalt und eher wolkig. Gestern abend konnten wir bei der Passüberquerung bereits ins Tal schauen
und am Abend lag es glitzernd unter uns. Ein wenig haben wir die Sorge, dass wir zu tief hinunter geführt werden, aber die Serpentinen enden in einer Stadt, die auf 500 Höhenmetern liegt. So müssen wir nur 600 m wieder hinauf zum Pass. Es geht langsam bergauf durch viele kleine Orte. Hier sehen wir zum ersten Mal Nomaden in ihren Zelten, die bei der Ernte helfen. Es sind große Zelte und heute ist Waschtag, so fahren wir an vielen Zeltdörfern vorbei, in denen überall die Wäsche hängt. Als wir das erste erblicken, werden wir zunächst nervös, entspannen uns aber gleich wieder. Heute ist uns aufgefallen, dass auf der einen Seite die Vielfalt an Kleidung, Kopftüchern, Aussehen und Lebensweise der Menschen zunimmt, auf der anderen immer wieder heute Männer darauf bestanden haben, dass wir mit einer türkischen Fahne anstellen der Europa-und Japanfahne fahren müssten. Überhaupt sind Unmengen an türkischen Fahnen zu sehen. Wir halten an einer Tankstelle und einem Laden und Tee dabei.
Die Chefin redet wie am Fließband auf mich (Gunda) ein und ich verstehe kein Wort.
Wir haben uns inzwischen ins Türkische soweit reingehört, dass wir in solchen Situationen meist eine Ahnung entwickeln, worum es geht und dann antworten. In diesem Fall ging das so gut wie gar nicht. Aber sie war einfach unendlich nett. Wir fahren weiter den Pass hinauf, der jetzt ziemlich steil ist. Wir kommen an Jugendlichen vorbei, die Pinienzapfen sammeln. Es sind überall Pinien und die Hänge sind bewaldet. Es gibt überall neue Wälder. Nach dem Pass befahren wir eine langgezogene Hochebene. Plötzlich wird die Straße vierspurig mit einem Mittelstreifen, was zur Folge hat, dass das Dorf hinter dem Pass von unserer Seite aus nicht erreichbar ist und auch kein Ortsschild mehr hat. Viele der Häuser haben keinen Strom. Nach dem Dorf endet der Straßenausbau (es waren vielleicht sechs-sieben Kilometer) und geht über in eine normale Straße. So fahren wir durch die anschließenden Dörfer durch. Die Felder sind fast alle abgeerntet, hier sehen wir den ersten Pferdepflug seit dem Balkan. Es scheint, als seien die Arbeitsformen direkt nebeneinander: auf der einen Seite wird mit Traktor gepflügt, dann wieder mit Pferd, dann mit der Hand. Dazu kommen hochmoderne Marmor- und Betonfabriken. Insgesamt ist das Tal ganz gepflegt und mit vielen neuen Baumpflanzungen. Immer stärker ist die Stadt zu spüren, die nur noch 30 km entfernt ist. Die ersten Hochhaussiedlungen kommen und bald sind wir auf dem Stadtring. Dieser ist so nervig, dass wir am liebsten nur schnell durch die Stadt fahren würden, dafür ist es aber zu spät. Auf der Einfahrtsstraße werden wir von hinten von einem LKW von der Straße gehupt und weichen mal wieder auf den Standstreifen aus, der hier in der Regel aus Sand, Schotter, Kies und / oder Schlaglöchern besteht. Im Ausweichen werden wir von rechts auf dem Standstreifen von einem Auto überholt, das uns ebenfalls weghupt. Bei aller Sympathie gegenüber der Freiheit türkischer Autofahrer ihren eigenen Gesetzen gegenüber, das ist nun doch ein wenig viel. Also diskutieren wir mit und schneiden dem Auto den Weg ab. Nachdem wir nicht aus der Stadt rausfahren, fahren wir hinein und suchen ein Hotel. Wir sind von der Stadt selbst sofort positiv eingenommen, denn sie ist wirklich schön, angenehm vom Verkehr und den Leuten, sogar mit Straßenbahn. An einer Tankstelle fragen wir nach einem Hotel und werden von einem Kunden, der sein Mofa getankt hatte, zu einem guten Hotel gelotst. Dort können wir nach einigen Diskussionen unsere Räder im Büro unterstellen und gehen noch eine wenig spazieren und einkaufen. Der Nachteil: die Heizung scheint vor allem mit Kohle und Braunkohle betrieben zu werden und die Luft ist völlig verraucht.
6. November Osmaniye nach Nurdağı, 48,53 km, 5019,8 Gesamt km
Datum: 6.11.10
Panne: Platter an Gundas Hinterrad
Datum: 6.11.10
Tag: 98
TagesunterstützerIn:
von: Osmanye m NN 137
nach: Nurdagi m NN 945
km 48,53
Gesamt km 4954,6325
km/h: 9,59
Fahrzeit 05:03
gesamte Fahrzeit: 372:51:00
Anstieg in m pro h 185,94
Anstieg in m 939
Abfahrt in m: 131
höchster Punkt in m NN 973
Steigung/Gefälle 2,20
Panne: Platter an Gundas Hinterrad
Das Frühstück ist wie schon in Bilecik (thrak. Agrilion, griech. Belikoma) im obersten Stockwerk mit Fensterfronten zu allen Seiten. Mit diesem herrlichen Ausblick genießen wir unser Frühstück und die Sonne, die den Raum erwärmt. Der Ort ist von Bergen umgeben und ein schöner Ort. Wir fahren hinaus und finden sogar einen zweiten Radladen, der aber leider keine „Fisch-Leuchten“ hat, die wir noch brauchen. An der Tankstelle wird Wolfgang von einem der Tankwarte zum ersten Mal etwas Grünes aus einer kleinen Tüte angeboten, das sicherlich kein Pfefferminztee ist. Wir sind eben nicht nur auf der Seidenstrasse, sondern auch der Drogenroute!) Wir lehnen dankend ab und wünschen uns zugleich, wir wüssten mehr über Aussehen und Konsistenz von Stoffen, die es hier so gibt. Das Erkennen wäre ja schon gut. Wir fahren ein wenig kopfschüttelnd los und genießen die Fahrt durch die Sonne und die fruchtbare Gegend und erklimmen recht bald den ersten Pass. Inzwischen fahren wir mit zwei Karten: einer Touristik-Karte mit dem Maßstab 1:1.000.000 und einer Autokarte. Letztere hat immerhin Pässe eingezeichnet, erstere zeigt ansatzweise die Bergrücken. Dennoch fehlt uns jegliche genaue Angabe der Strecke. Wir haben keine andere Karte gefunden, obwohl wir in unzähligen Buchläden waren.
Eine Weile begleitet uns die Eisenbahn, die dann irgendwann im Tunnel verschwindet. Die Straße ist schon in ihren Serpetinen zu sehen, als wir die Baustelle der Gaspipeline zu unserer Rechten sehen.
An den Serpetinen nach oben sind immer wieder große Gastanks mit hoher Bewachung. Die Präsenz von Polizei und Militär ist verstärkt vorhanden, was uns auch schon in der Stadt aufgefallen war.
Es ist so schön, endlich Berge in einem guten Wetter zu fahren. Der erste Pass ist als solcher nicht gekennzeichnet, führt aber in ein kleines Tal, in dem auch die Autobahn wieder da ist, in dem wir zu Mittag essen. In dem Tal, direkt nach dem ersten Pass, erreichen wir die 5.000 km Marke.
Da die ganzen Gefahrguttransporte nicht auf die Autobahn dürfen – wegen der Tunnel – teilen wir nicht nur die Straße, sondern auch das Mittagessen mit den LKW-Fahrern. Je weiter wir nach Osten kommen, desto besser ist das Essen. Es ist jedesmal in sehr schönen und ganz sauberen Restaurants, meistens wird hinter uns her geputzt, da unsere Schuhe oft verstaubt oder dreckig sind….
Wieder einmal hätten wir ein Tier adoptieren können. Abgesehen von den Schildkröten, die vier bis sechsspurige Schnellsstraßen überqueren, ist es bisher eine ganz kleine graue Katze gewesen mit ganz entzündeten Augen, die anscheinend keine Mutter mehr hatte und sicherlich nicht mehr lange gelebt hat, da sie nichts sah. Dann einen Tag später ein Welpe, eine Handvoll Hund, der auf einem Stück Papier ausgesetzt war. Und heute ein großer Rüde, der im Frauenklo auf dem Boden lag und mir direkt ein Bein entgegengehalten hat: dort hat er eine Handtellergroße Wunde, in der schon Maden sind. Um ihn kümmert sich wohl auch keiner. Ich kann es auch nicht tun. Wir versuchen auch dazu – ebenso wie zu den vielen toten Katzen, Hunden und Vögeln auf den Straßen – irgendwie einen Abstand zu gewinnen. Dennoch dauert es uns jedesmal.
Nach dem Essen geht es den nächsten Pass hinauf, diesmal mit weniger starken Steigungen. Unmittelbar nach dem Essen ist zunächst das Hinterrad von Gunda platt. Zum ersten Mal hält ein Auto und fragt, ob wir ein Problem haben. Zu der Wahrnehmung von Ländern haben wir zwei Perspektiven hinzugefügt. Die eine, ob uns im Hotel selbstverständlich ein sicherer Platz für unsere Räder angeboten wird und die andere, ob Autofahrer halten, wenn wir eine Panne haben. In beidem ist die Türkei bisher unter den Ländern, die wir bereist haben, leider auf den letzten Plätzen. In den Hotels ist es immer eine große Diskussion und völliges Unverständnis, dass wir die Räder nicht einfach auf der Straße parken. Das passt aber zu der Wahrnehmung, dass es ganz schwer ist, Ersatzteile für Räder zu bekommen. Räder werden neu gekauft und sind recht billig (Frankreich ist für uns auf Platz eins). Bei den vielen Pannen, die wir hatten auf großen und kleinen Straßen, im Regen und in der Sonne, mit Mantelwechsel und nur so Panne, hat heute der erste Wagen angehalten. Das hat uns erstaunt, da hätten wir gedacht, dass jedes Mal jemand hält. (Da ist Albanien auf Platz eins: da hielt ein Auto, auch wenn wir nur eine Trinkpause gemacht haben).
Danach geht es gut bergauf und recht bald sind wir oben. Dadurch, dass die ganzen LKW die Straße befahren, ist sie in einem recht guten Zustand. Oben am Pass suchen wir einen Schlafplatz und finden uns in einer Gegend, in der es auf der einen Seite steil ins Tal geht und auf der anderen Seite die Pipeline verläuft. Also müssen wir in den Wald mit der Pipeline und suchen einen Platz mit einem guten Sicherheitsabstand und hoffen, dass wir nicht vertrieben werden.
5. November Incirlik nach Osmaniye, 67,73km, 4971,0 Gesamt km
Datum: 5.11.10
Datum: 5.11.10
Tag: 97
TagesunterstützerIn:
von: Incirlik m NN 32
nach: Osmanye m NN 137
km 67,73
Gesamt km 4906,1025
km/h: 14,37
Fahrzeit 04:42
gesamte Fahrzeit: 367:48:00
Anstieg in m pro h 29,15
Anstieg in m 137 Abfahrt in m: 32
höchster Punkt in m NN 127
Steigung/Gefälle 0,25
Gestern Abend ging der Tag ja noch weiter: gerade wollten wir uns (es war 20:30) auf die Matten legen, um am nächsten Tag um 4:30 wieder fit und schön zu sein, als der Chef der Tankstelle ausrichten ließ (er war zwischenzeitlich gekommen), dass wir sofort abbauen müssten. Wir haben das zunächst ignoriert und dann klopfte es auch schon an unser Zelt. Wolfgang hat dann versucht, die Nacht bis zum Morgen rauszuschinden, aber keine Chance: wegen der Explosiosgefahr müssen wir sofort räumen. Also bauen wir alles wieder ab und gehen direkt neben der Tankstelle in eine kleine Ecke zwischen Zaun und Feige, es ist die Einfahrt zum Gewerbebetrieb. Die Hunde schlagen an wie wild und es dauert keine zehn Minuten und die Nachtwächter kommen. Für sie ist es aber völlig ok, dass wir dort zelten wolllen und so bauen wir ein zweites Mal unser Zelt auf. Es ist eine kurze Nacht, aber immerhin in sicherer Umgebung. Fazit: wir streichen neben Äckern und Wegen, die aussehen wir Äcker auch Tankstellen von unserem Nachtrepertoire und nehmen dafür Industriebetriebe in der Nähe von Tankstellen mit Nachtwächter und Zaun auf.
Am Morgen fahren wir in einen wunderschönen Morgen los und sind nun doch sehr froh, dass wir zu dieser Zeit durch die Türkei fahren. Denn auch im November sind es 30 Grad und das im August wollen wir uns nicht vorstellen. Wir kommen immer wieder an Roma-Siedlungen vorbei und werden zum ersten Mal mit Steinen beworfen. Zum Glück sind es eher kleine Jugendliche und kleine Steine auf großer Entfernung. Es ist eine Kultur, die große Toleranz und Distanz fordert und unser Reisen doch sehr prägt. Danach halten wir an einer der Bewässerungsanalgen direkt neben dem Wasserspeicher und ein Krebs schaut interessiert auf uns herab.
Zum Mittag sind wir in ein Restaurant gefahren und konnten einer Gruppe Halbstarker gerade noch entgehen. Es mag sich phobisch anhören, aber das ist eine der anstrengendsten Situationen, weil nie klar ist, was jetzt passiert. Beim Essen hatten wir einen netten Herrn, der eigentlich in Deutschland lebt, der immer wieder Jungs von unseren Rädern gepfiffen hat.
Zum Mittag sind wir in ein Restaurant gefahren und konnten einer Gruppe Halbstarker gerade noch entgehen. Es mag sich phobisch anhören, aber das ist eine der anstrengendsten Situationen, weil nie klar ist, was jetzt passiert. Beim Essen hatten wir einen netten Herrn, der eigentlich in Deutschland lebt, der immer wieder Jungs von unseren Rädern gepfiffen hat.
Da wir müde sind und die Gegend so dicht besiedelt ist, entscheiden wir uns für ein Hotel und sind nun in Osmaniye, einer sympathischen Stadt am Rande der Berge, auf die wir jetzt zufahren.
4. November Beyrami nach Incirlik, 84,79 km, 4902,8 Gesamtkm
Datum: 4.11.10
Tag: 96
TagesunterstützerIn:
von: Beyramil m NN 121
nach: Incirlik m NN 32
km 84,79
Gesamt km 4838,3725
km/h: 15,21
Fahrzeit 05:34
gesamte Fahrzeit: 363:06:00
Anstieg in m pro h 10,96
Anstieg in m 61
Abfahrt in m: 150
höchster Punkt in m NN 137
Steigung/Gefälle 0,25
Panne: Platter an Gundas Vorderrad
Was für ein Tag!
Um kurz vor sechs Uhr morgens kommen die beiden Plantagenarbeiter, Wolfgang springt wie ihn der liebe Gott geschaffen hat gerade zwischen den Bäumen rum…., und sind auch am Morgen dem Bild, was wir bisher von freundlichen und hilfsbereiten türkischen Menschen haben, weit entfernt. Wir sehen zu, dass wir uns buchstäblich vom Acker machen und können uns noch nicht einmal bedanken für den Platz weil beide schon irgendwo in den Bäumen sind.
Anschließend fahren wir flott und gut gen Tarsus und von dort aus gen Adana, ohne dass es irgendetwas besonderes gibt. Es ist eine ganz mediterrane Landschaft, die Orangen und Mandarinen sind fast reif, in fast allen Feldern wird geerntet. Auffällig ist, dass manche Felder doppelt gesichert sind: durch zwei stacheldrahtbestückte Zäune. Wir nähern uns Adana und haben gerade beschlossen, an der nächsten Tankstelle etwas zu trinken und vielleicht einen Sütlaç zu essen, als wir von der Verkehrspolizei herausgewunken werden. Es begrüßt uns ein freundlicher Herr Mitte 50 und lädt uns zum Frühstück in seine Fabrik ein. Es folgt eine 15 km lange Fahrt in Richtung Adana, er fährt immer geduldig mit 15 km/h vor uns her. Als wir ankommen, werden wir der gesamten Belegschaft vorgestellt
und bekommen mit seinem Pressereferenten ein sehr gutes Frühstück serviert. Es gibt anschließend noch einen Tee und einen Kaffee und er erzählt uns, dass sein Cousin noch kommt, der gut Englisch könne und gerade aus Düsseldorf komme. Also sitzen wir, unterhalten uns und bekommen noch zwei Bilder von ihm gemalt, als zwei weitere Besucher kommen: ein hoca und ein weiterer Mann, die ihm einen großen Teller mit getrockneten Früchten schenken.
Dieser wird anschließend mir (Gunda) geschenkt, dann wird zum Sonnenhöchststand aus dem Koran rezitiert. Anschließend kommt der Cousin und da wir einfach weitermüssen, ist seine zweite Frage, ob wir schon einmal überlegt hätten, zum Islam zu konvertieren. Etwas erstaunt geben wir die diplomatische Antwort, dass von unserer Perspektive die Frage sich nicht stellt, weil es ein Gott ist, aus drei verschiedenen Perspektiven geglaubt. Danach dreht sich das Gespräch eher um unsere Wahrnehmung des Islam in der Türkei, das ist deutlich leichter. Wir fahren wieder von dannen und sind bald in Adana, wo wir auf eine Umleitung geschickt werden, die uns durch einen Stadtteil führt, der vor allem von Roma bewohnt wird. Da wir fürs erste genügend Erfahrungen diesbezüglich haben, sehen wir zu, dass wir weiter kommen auch wenn die Hauptverkehrsstraße durchaus sicher ist. Wir finden den Campingplatz, der ein wenig seltsam wirkt und eher ein Etablissement zu sein scheint und bekommen dort aber etwas zu essen. Wir fahren weiter und der Reifen ist platt. An einer Tankstelle (was würden wir nur ohne Tankstellen machen) repariert Wolfgang ihn mit der kundigen Hilfe von zwei Tankwarten. Anschließend fahren wir weiter und suchen bald nach einem möglichen Schlafplatz. Wir holen Wasser an einer Tankstelle. Während Wolfgang das Wasser holt, versucht der Tankstellen-Mann mich mit seinem Bruder zu verkuppeln, weil das doch so schöne Babys gäbe. Wir fahren weiter und in einen Feldweg in der Hoffnung, die am Ende zu sehenden Bäume könnten uns Schutz für die Nacht geben. Es ist eine Plantage, in die wir nicht reinkommen. Als wir wenden, sehen wir, dass zu beiden Seiten des Weges Häuser sind. Wir wollen weiter Weg vom Weg und nahe an der Straße unser Zelt aufbauen und haben gerade unsere Räder abgestellt, als wir eine Horde Kinder über das Feld laufen sehen. Auch davon haben wir genug und sehen zu, dass wir Land gewinnen. So fahren wir in die Nacht hinein und finden schließlich Obdach in einer Tankstelle einige Kilometer weiter. Dort können wir am Rand unter Palmen unser Zelt aufschlagen. Es ist zwar irre laut mit einem Industriegebiet auf der einen Seite und der Schnellstraße auf der anderen Seite und mindestens fünf Hunden die sich gegenseitig wach halten, aber es scheint wenigstens sicher zu sein.
3. November Gülek nach Beyrami, 34,70km, 4816,9 Gesamtkm
Datum: 3.11.10
Datum: 3.11.10
Tag: 95
TagesunterstützerIn:
von: Gülek m NN 984
nach: Beyramil m NN 121
km 34,7
Gesamt km 4753,5825
km/h: 16,43
Fahrzeit 02:06
gesamte Fahrzeit: 357:32:00
Anstieg in m pro h 75,24
Anstieg in m 158
Abfahrt in m: 1021
höchster Punkt in m NN 986
Steigung/Gefälle 3,40
1. Panne: Der Gaskocher geht nicht mehr, wir steigen auf Benzin um
2. Panne: Platter an Gundas Hinterrad
Heute haben wir den zweiten Teil des freien Tages auf unserer wunderschönen Waldlichtung verbracht. Das Wetter ist unglaublich schön und so genießen wir es, im strahlenden Sonnenschein zu frühstücken und anschließend die Dinge zu tun, die notwendig sind: Wir stellen auf Benzin um, was einiges an Übung braucht. Da wir schon weit über 2 Jahre nicht mehr mit Benzin gekocht haben, ist die Schüssel nun pechschwarz verrußt. Außerdem müssen die Reißverschlüsse vom Zelt mit Vaseline gepflegt werden, ebenso die Zeltstangen. Der ganze Regen setzt beidem sehr zu.
Zur Mittagszeit fahren wir wieder los und machen die erstaunliche Erfahrung, dass es auch eine Gewöhnung an Sonne und Sonnenlicht gibt. Uns ist ganz schwindelig und wir haben regelrechte Kreislaufprobleme, nachdem wir den ganzen Vormittag immer von Schatten ins Licht gegangen sind. Wir haben 900 Höhenmeter Abstieg vor uns, es geht aber in einem stetigen Auf und Ab. Zum Mittagessen sind wir wie immer an einer der vielen Restaurants, die an eine Tankstelle angegliedert sind – es ist auch das einzige intakte in der Gegend. Wir fahren weiter hinunter, bald gibt es wieder Feigen und die Kakteen, die essbare Früchte haben (wir haben den Namen vergessen) und Wein. Es ist warm
und nur in den Mulden im Schatten steckt die Kälte. Da es immer wieder auf und ab geht, schaffen wir bis zur Dunkelheit die Strecke bis Tarsus nicht und kaufen in einem kleinen Laden in einem der Dörfer ein. Dort werden wir explizit vor der Roma-Siedlung auf der anderen Straßenseite gewarnt. Wir nehmen die Warnung ernst und suchen lange nach einem guten Platz für die Nacht. Ein weiteres Problem ist, dass es kein Wasser gibt. Zum Glück haben wir genug Trinkwasser und Quellwasser, dass wir mit Katzenwäsche und kalter Küche am Abend durchkommen. Wir biegen auf die alte Straße ein und finden eine Obstplantage. Dort erlaubt uns einer der beiden Männer, die dort arbeiten, dass wir in der Plantage übernachten dürfen. Sie ist mit Stacheldraht gesichert, worum wir froh sind.
Innerhalb von wenigen Stunden haben wir die Berge (Toros Dağları) hinter uns gelassen und sind im Tal nicht mehr weit vom Akdeniz in einer ganz anderen Gegend. Es ist ganz mild, auch am Abend, und dennoch fehlen uns die Berge. Für uns ist es dort in der Regel leichter.
Datum: 2.11.10
Tag: 94
TagesunterstützerIn: Jim Fortney
von: Pozanti m NN 787
nach: Gülek m NN 984
km 37,91
Gesamt km 4718,8825
km/h: 9,44
Fahrzeit 04:00
gesamte Fahrzeit: 355:26:00
Anstieg in m pro h 180,25
Anstieg in m 721
Abfahrt in m: 524
höchster Punkt in m NN 1424
Steigung/Gefälle 3,28
Es ist wieder ein strahlender Morgen mit einem ziemlichen Sturm. Der Wind ist so stark, dass der Hotelchef meint, es sei sinnvoller zu schlafen als zu fahren, als wir um kurz nach 7:00 Uhr unsere Taschen runter tragen. Auch wenn das eine verlockende Idee ist, fahren wir los und der Sturm ist gar nicht so stark. Die Autobahn ist doch weiter gebaut als wir erst dachten und so biegen wir auf die kleine Straße ab, die lange Zeit parallel zur Autobahn geführt wird. Es ist eine tolle Strecke mit einem blauen Himmel, der beinahe kitschig wirkt. Wir genießen die Fahrt, die uns über lange Strecken sachte dem ersten Pass (Gülek Boğazı) näher bringt. Erst als wir das Passdorf erreichen, gehen die Steigungen auf 12-15%. Auf diese Weise arbeiten wir uns 100 Höhenmeter um 100 Höhenmeter den Berg hinauf und haben auf diese Weise die Möglichkeit, die Häuser zu bewundern, die hier stehen. Es sind prachtvoll gebaute Villen oder Ferienwohnungen, allesamt mit einem großen Garten und vielen Bäumen. Überall wird gebaut und renoviert. Erst der zweite Teil des Ortes ist der eigentliche Kern und es herrschen Geschäfte mit Baummaterialien vor. Viele Geschäfte und Restaurants haben aber auch geschlossen, es scheint auch ein Saisongeschäft zu sein. Hier sind die Häuser auch noch groß, aber deutlich einfacher gebaut und nicht mehr mit riesigen Grundstücken drum herum. Am Ende des Ortes ist die Autobahnauffahrt und eine Brücke auf die andere Seite des Ortes. Wir fahren weiter auf der kleinen Straße und werden über ein Hochmoor, in dem auch lauter große und neue Häuser stehen, zum zweiten Pass geführt. Dieser Weg ist beinahe noch schöner, gibt er doch immer wieder den Weg frei auf die schneebedeckten 3000er des Toros Dağları, die wir schon von der anderen Seite kennen. Wir finden kurz hinter dem Pass
ein Restaurant, wo wir die einzigen Gäste sind und die zuständigen jungen Männer beim Putzen unterbrechen. Da wir ja versuchen, alle sechs Tage einen freien Tag zu machen und den aber nicht wieder in der Stadt im Hotel machen möchten, entscheiden wir, im Berg zu bleiben und einfach vom frühen Nachmittag bis zum nächsten Mittag irgendwo zu zelten. Wir suchen Wasser und finden nur vertrocknete Quellen. Bald kommt ein Restaurant und dort können wir Wasser holen. Unser Platz ist am Rande eines abgeernteten Stoppelfeldes bei Gülek (leitete sich von dem armenischen Dorf Gogulak/Gugulak/Gulag (latein: Gogulat/Coqelaquus) und wir sehen dem Sonnenuntergang zu.
Gerade durch das Reisen mit der Sonne wundern wir uns vermehrt darüber, dass es als so selbstverständlich und normal angesehen wird, mit künstlichem Licht zu arbeiten und die Zeit, die es im Winter hell ist, drinnen zu verbringen. Mit der Sonne zu leben heißt im Augenblick, dass der Tag früh beginnt und früh beendet ist und die Mittagspause entfällt, die es im Sommer gibt, wenn die Sonne zu stark ist. So wie uns Städte immer stärker als etwas vorkommen, was eigenartig und künstlich ist, so ist es das Leben, das von ganz anderen Faktoren bestimmt ist.
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