Datum: 13.12.10
Tag: 135
TagesunterstützerIn:
von: Joka m NN 1667
nach: Malayer m NN 1686
km 26,65
Gesamt km 6715,5234
km/h: 10,72
Fahrzeit 02:29
gesamte Fahrzeit: 516:22:00
Anstieg in m pro h 70,07
Anstieg in m 174
Abfahrt in m: 155
höchster Punkt in m NN 1699
Steigung/Gefälle 1,23
43 Tage sind wir nicht im Regen gefahren, die Regentage haben wir irgendwann nicht mehr gezählt. Heute Morgen schüttet es wie aus Kübeln und unsere Sanis bieten uns an, bei ihnen zu bleiben oder aber in die nächste Stadt gefahren zu werden. Wir lehnen beides ab - nicht ohne sorgenvoll auf die Straße zu schauen, die komplett unter Wasser steht.
Wir verabschieden uns von den netten Sanis und fahren los.
Im Sturm und strömenden Regen. Wir fahren eine Stunde, als ein Auto hält und uns einen heißen Tee anbietet. Das nehmen wir gerne an. Es ist vierte Auto, seit wir im Iran sind, das uns anhält und für uns eine sinnvolle Unterbrechung der Fahrt bedeutet. Wir trinken den heißen Tee, der uns in einem Verhältnis Tee:Zucker 1:1 gereicht wird und fahren gestärkt weiter.
Uns gehen dabei die 10 goldenen Regeln für Kraftfahrerinnen und Kraftfahrer durch den Kopf, die wir uns gestern überlegt haben, als es stundenlang durch den Sturm bergauf ging – mit 6 km/h…
1.Reiseradlerinnen und Reiseradler sind vollwertige VerkehrsteilnehmerInnen. Oft legen sie längere Strecken zurück als du also KraftfahrerIn. Sie gehören zum Fernverkehr – und noch dazu CO2-frei
2. Überlasse ReiseradlerInnen und Reiseradlern die Entscheidung, wo sie fahren: auf der
Fahrbahn, einem Radfahrstreifen,
(vorbildlicher Radfahrstreifen der Seidenstrasse im Iran)
auf einer Mehrzweckspur oder einem Standstreifen. Bedenke dabei, daß Reiseradlerinnen und Reiseradler auf eine steigungsarme Streckenführung, guten Fahrbahnbelag und eine nicht durch Steine oder Glassplitter verunreinigte Fahrbahn angewiesen sind. Dies schließt in der Regel die in manchen Ländern vorhandenen Fahrradwege als Möglichkeit aus. Solltest du ReiseradlerInnen und Reiseradler auf Autobahnen oder für Fahrräder gesperrte Strecken antreffen, gehe davon aus, daß dies oft die einzige Möglichkeit ist, um voranzukommen. In manchen Ländern lotst die Polizei übriges Radreisende aus Sicherheitsgründen auf die Autobahn! Hast du etwas Zeit, kannst du gerne mit eingeschalteter Warnblinkanlage in sicherem Abstand hinterherfahren, um „Rückendeckung“ zu geben. (Dies gilt besonders für - unbeleuchtete - Tunnelstrecken!)
(Vorbildliche Radwegführung in japanischen Tunneln)
Unterlasse aber in jedem Fall besserwisserisches Zurechtweisen „da ist ein Radlweg!“ nur weil du dich durch die langsameren VerkehrsteilnehmerInnen in deiner Raserei gestört fühlst. Die Dachauer übrigens sind Weltmeister in dieser arrogant-aggressiven Rechthaberei – das bleibt als Assoziation bei diesem Nummernschild.
3. Als eigene „Lebensversicherung“ fahren ReiseradlerInnen und Reiseradler mit Rückspiegel. Schließlich fahren sie ohne passive Sicherheit und müssen auch deine Fehler ausgleichen. Jedes Kraftfahrzeug, das sich von hinten nähert, bedeutet zunächst eine Gefahr. Wenn du dich also von hinten einer Reiseradlerin oder einem Reiseradler näherst, blinke bereits früh nach links. Dadurch zeigst du der Reiseradlerin oder dem Reiseradler, dass du sie oder ihn gesehen hast und sowohl ethisch als auch technisch gewillt oder fähig bist, sie oder ihn bzw. ihr oder sein Leben zu respektieren, d.h. dass du überholen wirst, ohne sie oder ihn zu gefährden. Dein rechtzeitiges Blinken schenkt also der Reiseradlerin oder dem Reiseadler einige entspannte Zehntelsekunden, in denen sie oder er die Straße vorne oder gar die Landschaft betrachten kann. Wenn du dann überholst, halte 1,5 m Sicherheitsabstand und fahre zügig vorbei. Am besten wechselst du vollständig auf die Überhol- oder Gegenspur, dadurch verhinderst du, dass du deinerseits überholt wirst und gezwungen bist, die Reiseradlerin oder den Reiseradler zu schneiden und dadurch zu gefährden. Wenn du überholst, werde auf keinen Fall aus Neugierde langsamer, denn durch dein Gegaffe kommt es zu einer gefährlichen Verlangsamung des Verkehrsflusses.
4. Eine Reiseradlerin oder ein Reiseradler wird täglich 3 - 5.000 mal angehupt. Deiner Hupe kann die Reiseradlerin oder der Reiseradler nichts Adäquates entgegensetzen. Hupen bedeutet für die Reiseradlerin oder den Reiseradler immer Stress, zumal sie oder er ja sowieso ständig dem Lärm der Kraftfahrzeuge ausgesetzt ist. Jedes Hupen muß sie oder er immer als Gefahrenwarnung interpretieren, auch wenn es als freundliches Grüßen, besserwisserisches Ermahnen oder einfach spätpubertäres „ich kann lauter“ gemeint ist. Hupen ist also absolut tabu, außer in einem wirklichen Notfall.
5. Bedenke, daß du als Kraftfahrzeuglenkerin oder –lenker für die Reiseradlerin oder den Reiseradler anonym bleiben wirst. Dein Gesicht bleibt ungesehen, denn die Reiseradlerin oder der Reiseradler kann es sich im Verkehrsfluß selten leisten, vom Rückspiegel oder der Fahrbahn aufzublicken. Du begegnest also durch dein Verhalten. Rechtzeitiges Blinken, sicherer Abstand beim Überholen oder geduldiges Abbremsen, solltest du einmal nicht sofort überholen können; dadurch wird die Reiseradlerin oder der Reiseradler dich und deinen Charakter wahrnehmen, deinen Respekt und deine Erziehung. Erst wenn du an der Reiseradlerin oder dem Reiseradler vorbeigefahren bist, kannst du mit der Warnblinkanlage freundlich grüßen. Wenn du jetzt unbedingt zum Gruß hupen willst, tu dies dezent; die Serben sind übrigens darin Meister. Kannst du nicht dezent hupen, unterlasse es lieber… Hupe aber in keinem Falle schon hinter der Reiseradlerin oder dem Reiseradler oder auf gleicher Höhe. Dies muß sie oder er wieder als Gefahr-Hupen interpretieren.
6. Begegnest du einer Reiseradlerin oder einem Reiseradler im Gegenverkehr, verzichte auf Überholen, indem du in seine Gegenspur hineinfährst und grüße auch hier erst, wenn du an ihr oder ihm vorbei bist durch dezentes Hupen und den Warnblinker.
7. In Steigungen ab 4 % - besonders über 10 % - müssen Reiseradlerinnen und Reiseradler oft Schlangenlinien fahren, um hochzukommen. Bedenke dies beim Überholen, insbesondere wenn die Reiseradlerin oder der Reiseradler ganz rechts fahren, denn dann kommt ein Schwenk nach links! Verdopple also den Sicherheitsabstand!
8. Eine Reiseradlerin oder ein Reiseradler freut sich über einen Gruß von dir. Auch unterhalten sich die Radler gerne mit dir, wenn sie eine Pause machen. Grüße aber stets so, daß du keine Antwort erwartest. Besonders in Steigungen vollbringt die Reiseradlerin oder der Reiseradler sportliche Höchstleistungen und hat etwas anderes zu tun als smalltalk… Wenn du etwas Nettes tun willst, reiche ihr oder ihm einen Schokoriegel, aber bitte so, dass sie oder er nicht anhalten muß. Wenn Radler eine Pause machen, brauchen sie diese auch. Sie werden dann nicht weitere Meter zu deinem Auto zurücklegen. Komm dann auf sie zu.
9. Wenn du eine Reiseradlerin oder einen Reiseradler anhältst, tu dies nicht zur Befriedigung deiner eigenen Neugierde, sondern um wirkliche Hilfe und Gastfreundschaft anzubieten. Bedenke, daß du an dem Tag schon der zweiundfünfzigste bist, der die RadlerIn oder den Radler anhält, um zu fragen: „Wo kommst du her?“ oder um ein Foto zu machen, mache daher deutlich, dass es um etwas anderes geh und zeige dies: Wasserflaschen, Thermoskannen, Früchte etc. symbolisieren dies. Gerne gesehen ist daher, wenn du z. B. bei Kälte eine Thermoskanne zeigst. Dann werden die Radler gerne anhalten, um dein Angebot anzunehmen. Auch am Abend bei schlechtem Wetter oder Kälte ist dein Anhalten sinnvoll wenn du einen Schlafplatz – sei es im Garten, der Garage, im Stall oder im Haus – anzubieten hast, der mit dem Rad schnell und gut zu erreichen ist. Zeige dies pantomimisch an. (Natürlich wissen wir, dass die Aufnahme von Ausländern in manchen Ländern verboten ist und akzeptieren dies natürlich.)
Übrigens empfiehlt in den meisten Ländern die Polizei, keinesfalls anzuhalten, außer bei eindeutig erkennbaren Polizisten oder Militärs. Bedenke dies, wenn du versuchst, ReiseradlerInnen anzuhalten!
10. Wenn du einer weiteren Sprache neben dem Deutschen mächtig bist, dann mache von den „10 goldenen Regeln“ eine Übersetzung und füge sie als Kommentar diesem Blogeintrag bei!
Soweit also die Gedanken im Sturm…
Als wir einen kleinen Pass hochfahren, fängt ein Gewitter an, das uns weiter begleiten wird. Es gießt, es stürmt, es fährt ein Schneepflug im Einsatz an uns vorbei und wir erahnen nur die Berge um uns herum. Die Dörfer sind alle traditionell gebaut und viele zerfallene Häuser sind zu sehen. Manchmal sehen wir im Dorf Mauerreste mit Rundbögen und fragen uns, wie alt das wohl sein wird. Nach drei Stunden erreichen wir die nur 20 km entfernte Stadt ملاير und entscheiden, dass wir uns dort einquartieren. Wir fahren in eine lebendige Universitätsstadt voller Geschäfte und vieler junger Menschen. Für einen Augenblick ist die Sonne ganz nah an den Wolken und es wird richtig hell. Wir finden das Hotel und ein englisch sprechender Mann kommt mit uns mit und übersetzt. Es ist ein einfaches, schönes Hotel mit einem Restaurant direkt da drunter. Die Räder können wir in ein leeres Zimmer verfrachten. Wir genießen den Luxus eines Mittagschlafs - zumal wir das Schlafen auf dem Boden ohne Isomatte doch nicht so gewöhnt sind und die Sanis für einen Einsatz, zum Glück kein Unfall, „nur“ ein Autofahrer mit Kreislaufproblemen, spät am Abend raus mussten – und wachen mit Schneefall auf. Wir werden gleich noch einmal rausgehen und hoffen dann, dass der Pass morgen frei ist.
12. Dezember Hamadan (auch Hamedan oder Hamadaun, persisch همدان; Hamadān) nach Joka, 64,12 km, 6768,9 Gesamtkm
Datum: 12.12.10
Der Morgen begrüßt uns mit bedrohlichen Wolken und einer steifen Brise. Das alles betrachten wir aus dem geheizten Hotelzimmer und genießen die heiße Dusche. Nachdem wir uns den gestern verhandelten Preis erneut erstritten haben, fahren wir aus der Stadt همدان , aus der auch die Heiligen Drei Könige aufgebrochen sein sollen. Der Wind ist brutal, aber noch kommt er von der Seite, so dass wir Augen haben für die Umgebung. Wir befinden uns auf dem Persian Gulf Highway!
Bald macht die Straße eine Kurve und der Wind erwischt uns von vorne. Wir haben Mühe, von der Stelle zu kommen zumal noch Regen dazu kommt. Die Gegend ist mit Industrie und Landwirtschaft einigermaßen zersiedelt und viele Häuser (immer noch?) zerstört. Nach dem Mittagessen machen wir vor einem kleinen Pass halt und fragen uns, was uns dort erwartet, nachdem schon drei Schneepflüge an uns vorbei gezogen sind. Wir trinken einen heißen Tee,
den es hier nirgendswo im Angebot gibt wie wir es aus der Türkei und dem Irak kennen, und nehmen den Pass in Angriff. Es ist für uns nur ein kleiner Pass, anschließend geht es steil bergab. Die Landschaft ist bereits vor dem Pass ganz anders, überall erscheinen neue Berge am Horizont. Wir genießen die Ausblicke im Sturm aber regenfreien Fahren, als es nach dem Pass wieder anfängt zu regnen. Wir halten an einer Tankstelle, trinken frierend den Rest unseres Tees und brauchen dringend einen trockenen und windfreien Ort für die Nacht. Inzwischen schüttet es wie aus Kübeln und uns fällt schon den ganzen Tag auf, dass Autos nur bei schönem Wetter uns anhalten, aber nicht bei dem Sauwetter. In diesem Fall wären wir froh gewesen um jemanden, der uns fragt, wo wir denn schlafen. Die Frage kommt aber nicht, so fahren wir im strömenden Regen bei inzwischen knapp über Null Grad gegen den Sturm. Plötzlich gibt es so etwas wie einen Sonnenuntergang. Es hört deswegen nicht sofort auf zu regnen. Aber die Landschaft mit ihren abgeernteten Feldern und Weiden wird in ein goldenes Licht getaucht und es ist als würden in einem Senfglas fahren. Bald ist die Sonne untergegangen und wir sehen eine Kleinstadt vor uns. Bei der Polizeistation fragen wir nach einem Ort für die Nacht, aber die verweisen uns an die 1. Hilfe-Station nebenan. Dort klopfen wir an die Türe und innerhalb von einer Minute ist uns ein Zimmer angeboten, obwohl wir vorgeschlagen haben in der Garage zu zelten. So sitzen wir im geheizten Raum und hoffen, dass der Regen vielleicht schon morgen weitergezogen ist. Wir essen gemeinsam das traditionelle Essen, das es – wo verstehen wir es – in den Moscheen zum Fest des الحسين بن علي بن ابي طالب gibt. Eher per Zufall schauen wir zum Fernsehen, als gerade der Wetterbericht gezeigt wird. Wir sind inzwischen Fans vom Wetterbericht im iranischen Fernsehen: es ist ein riesiger Touch-Screen mit Bedienungstasten und während die Dame oder der Herr viel erzählt, wird eine Taste gedrückt und dann auf dem Bildschirm das Symbol gesetzt.
So wurden gestern Wolken über Wolken auf den Bildschirm gezaubert und auf die Wolken noch mal Wolken drauf und dazu dann Schnee und Regen. Leider kein Wind, denn der wird da noch drüber gelegt. Leider auch keine Sandstürme, denn die sind auch besonders schön. Gestern sind es also Wolken über Wolken gewesen und eine Schnee-Regen-Vorhersage für eine Woche. Na super!
Bisher geheime Notizen:
Heute regnet es zum ersten Mal und es ist sehr stürmisch. Es hält kein Auto an und keiner fragt uns irgendwas. Wir sind darum insofern froh als dass es vorher schon genervt hat weil wir eher den Eindruck hatten zu belustigen. Heute immer wieder mal Hupe oder lachendende junge Männer, auch an der Tankstelle im strömenden Regen. EIn wenig fühlen wir uns in die Türkei zurückversetzt wo wir auch eher lächerlich gemacht wurden.
11. Dezember Asadabad nach Hamadan (auch Hamedan oder Hamadaun, persisch همدان; Hamadān), 56,94km, 6704,0 Gesamt km
Datum: 11.12.10
Zunächst der morgendliche Wetterbericht: der Wecker klingelt bei 1,3 Grad im Zelt und – fünf Grad draußen. Durch den Wetterumschwung ist die Luft feucht und das Außenzelt gefroren und daher leicht tropfend. Auch eine Stunde später ist es in der Sonne gerade mal 2 Grad und wir sehen viele, viele Wolken.
Der Besitzer kommt gerade, als wir losfahren wollen mit einem Wagen voller Möbel. Er bedankt sich bei uns - dabei sind wir es, die wir uns bedanken! – und wir fahren los. In der Stadt geht die Steigung bereits los. Auffallend ist, dass 100% der Frauen hier den Hejab tragen. Nachdem es gestern so nervig war, ist es heute morgen sehr angenehm. Wir starten gerade den Pass und bewundern einen der vielen gepflegten Parkanlagen, als wir von einem Auto zwei Schokoriegel geschenkt bekommen. Kurz danach bekommen wir zwei Apfelsinen und dann noch eine Frucht, deren Namen wir immer nicht wissen. Es gibt wenig nervige Huper. Die Passstraße ist sehr schön gebaut und bietet immer wieder weite Blicke in das Tal, das langsam im Nebel und Wolken entschwindet. An den Wegweisern steht كربلاء genauso wie کرمانشاه. Immer wieder kommen uns Pilgerbusse entgegen.
Wir fahren vom Wind, der langsam zum Sturm wird, getragen den Berg hoch und sind in drei Stunden am Pass. Wir denken, dass wir an der windstillen Seite sind, aber der Sturm nimmt sogar noch zu. Wir essen in einem ganz schönen, von einem irakischen Kurden geführtem Restaurant und fahren anschließend im Sturm auf ein pechschwarzes Tal zu. Irgendwann erheben sich zu unserer Rechten schneebedeckte Berge. Kurz vor der Stadt kommt für einen Moment die Sonne heraus und lässt die Landschaft wie im Märchen erscheinen. Es bleibt bei konstanten zehn Grad plus. Wir können erneut in eine Stadt همدان fahren, ohne dass wir vor Steinewerfenden und unsere Räder auseinandernehmenden Kindern und Jugendlichen flüchtend rasen und uns ins Hotel retten müssen. Sowohl gestern als auch heute sind wir an viel kleiner und großer Landwirtschaft vorbei gekommen und haben viele Männer mit der Schaufel und der Hacke an den Bewässerungsgräben gesehen. Im Gegensatz zur Türkei sind hier fast nur Männer bei der Feldarbeit zu sehen, dafür aber relativ viele Hirtinnen.
Bisher geheime Notizen:
Es ist klasse, dass wir in Städte fahren können ohne dass irgendetwas passiert. Heute zum ersten Mal in der Stadt das Geühl, nicht als Toursit ausgenommen zu werden. Ein gutes Gefühl.
Hamedan ist die erste Stadt, die heiter wirkt und wo es Spaß macht, irgendwas zu kaufen oder zu machen. Kermanshah war angenehme, aber durchaus durch den Krieg immer noch geprägt. Hamedan ist ganz anders, ebenso Malayer. Wir sind doch froh, die Strecke zu fahren.
10. Dezember Sahneh (Persian: صحنه; also Romanized as Şaḩneh, Sehneh, and Sahna)[1] nach Asadabad, 62,47 km, 6646,4 Gesamtkm
Datum: 10.12.10
Es sind etwas über zwei Grad als wir um 6.30 vom Wecker geweckt werden. Draußen sind es –vier Grad. Bei diesen Temperaturen brauchen wir morgens eine Weile, um dann wirklich abbauen zu können. Die Sonne wärmt ab acht Uhr merklich und um kurz nach neun starten wir zum Pass und es ist richtig warm. Der Pass ist wunderbar ausgebaut, eine sechsspurige Straße mit Mittelstreifen, so dass das Fahren wenig nervig ist. Oben angekommen geht es im rasanten Tempo ins Tal. Inzwischen macht sich das schlechte Wetter mit Wolken und kaltem Wind bemerkbar, so dass wir ziemlich durchgefroren bei einer mit großen Schildern beworbenen „Service Area“ ankommen. Sie ist noch im Aufbau, wird aber bestimmt einmal sehr schön und besteht im Augenblick aus einem Verkehrschaos davor. Wir finden das Restaurant und fragen nach einem Tee. Es wird der erste Tee, den wir zahlen, seit wir in der Türkei angekommen sind. Für hiesige Verhältnisse ist er sogar ziemlich teuer, dafür, dass es ein Beuteltee ist. Dieser Tee wird ein wenig wie ein Symbol für unsere Erfahrungen bisher. Bis auf den Radfahrer haben wir eher den Eindruck, dass wir hier nicht Gäste sondern Kunden sind, denen man Geld abknöpfen kann. Als wir zu unseren Rädern zurückgehen, kommt ein Bus voller Pilger an. Sie schauen eher skeptisch auf uns und unsere Räder.
Wir fahren weiter und hoffen auf eine Raststätte und machen an einem Kebabladen an der Straße halt. Am Ende kostet weniger Essen mehr als das Doppelte vom Essen von gestern. Wieder fragen wir uns, wie das hier eigentlich alles funktioniert. Mittlerweile ist uns der Seitenstreifen fast durchgängig abhanden gekommen, so dass wir mit dem dauerhupenden und rasendem Verkehr kämpfen und wieder einmal uns mit einem Sprung in den Schotter am Wegrand retten. Viele Autos fahren ganz dicht vorbei, viele Hupen irre laut und schreien irgendwas aus dem Fenster. Gestern ist sogar eine Cola-Dose genau vor uns rausgeworfen worden, so dass wir eher riskant ausweichen mussten. Es fällt uns schwer, in diesem Land uns wohlzufühlen. Der Weg geht durch ein langes und sehr flaches Hochtal, diesmal aber mit keiner Industrie, sondern Landwirtschaft.
Viele der Dörfer haben verfallene Häuser. In den Feldern sehen wir immer wieder die Zelte der Nomaden, die ihre Tiere dann auf LKWs zum nächsten Weideplatz fahren. Wir sind von einer Menge LKWs dieser Art überholt worden. Es kommt oft vor, dass Autos, Mofas oder LKWs lange langsam hinter uns her fahren, was uns auch nicht wohl sein lässt. Wir werden oft fotografiert oder gefilmt, ohne dass wir gefragt werden.
Als sich die abendliche Frage stellt, wo wir übernachten, sind wir sehr nah an der Stadt vor dem Pass. Wir könnten in die Stadt fahren und ein Hotel suchen, sind aber zu dem Zeitpunkt so genervt von den hupenden und schreienden Halbstarken, dass wir darauf heute Abend keinen Nerv mehr haben. Wolfgang sieht einen Maler an einem großen Tor und fragt ihn, ob wir im Garten dahinter zelten können. Prompt haben wir wieder vier junge Männer an der Backe, die einfach nicht hilfreich sind, wenn man einen Platz für die Nacht sucht. Irgendwann scheint es so, als wären wir beim Maler eingeladen und sie finden das wohl inzwischen auch langweilig, zumal wir uns weigern, uns fotografieren zu lassen. Die vier ziehen ab und der Maler auch um den Hausherrn zu fragen, ob wir da rein dürfen. Nach zehn Minuten kommt er wieder und erklärt uns pantomisch, dass wir uns vorstellen sollen, dass das aber geht und wir beide doch mitkommen mögen. Er macht das Tor zu und wir schieben durch eine riesiges Anwesen eine lange Einfahrt hoch. Von weitem sehen wir einen jungen Araber-Hengst mit den Hunden um die Wette rennen und viele Stallungen. Die Besitzer sind ein junges Ehepaar, die nichts dagegen haben, dass wir unter den Bäumen unser Zelt aufschlagen, uns einen heißen Kaffee und Obst bringen. Wir hätten sogar auch drinnen schlafen können. Da hatten wir aber das Zelt schon aufgebaut. So riskieren wir die Nacht draußen, obwohl das Barometer dramatisch, zweimal gleich um zwei Einheiten gefallen ist und das eher nach Unwetterwarnung aussieht.
Wir haben Mühe, die Landschaft und die guten Erfahrungen, die wir auch machen, im Sinn zu behalten, weil alles andere so nervig und undurchsichtig ist.
Bisher geheime Notizen:
Die Autos haben fast alle den Schriftzug des Festes auf der Windschutzscheibe, viele mit gemalten Blutstropfen unterlegt. Diese Blutstropfen erscheienn im Fernsehen auch. Es gibt hier nur offizielles Fernsehen, das politisch sehr eindeutig ist, auch schon von de Formulierungen her. Es gibt einen NAchrichtensender mit englischen Untertiteln und einer GEspächsrunde jeden Abend wo immer ein islamischer Gelehrter dabei ist. Es gibt auch einen Kanal mit Spielfilmen, manche in Englisch mit Untertiteln. DEn gibt es aber nicht immer.
9. Dezember Kermānschāh (persisch کرمانشاه /kʲermɔːnˈʃɔːh/, kurdisch: Kirmashan) nach Sahneh (Persian: صحنه; also Romanized as Şaḩneh, Sehneh, and Sahna)[1], 77,46 km, 6583,1 Gesamtkm
Datum: 9.12.10
Wir können am Morgen in aller Ruhe in der Hotellobby unsere Räder beladen und werden von dem alten Herrn, der für das Frühstück zuständig ist, herzlichst verabschiedet. Wir wollen zur Post und biegen dafür beherzt in die Einbahnstraße. Da hier eh jeder so fährt wie der will, macht das auch nicht so viel. Wir halten kurz, um die Moschee vor dem Basar zu fotografieren, als Wolfgang von einem Mann angesprochen wird der ihm Fotos von ihm und seinem Rennradteam zeigt. Er ist begeistert von uns.
Als wir ihn nach der Post fragen, bringt er uns hin und schafft es, diesen Wahnsinnsverkehr überall zu stoppen. Das beeindruckt uns durchaus. Auf der Post geht eine Odyssee los. Denn zunächst sollen die Postkaren alle in einen Umschlag, der wird schnell gekauft, dann mit dem Pass von Gunda in den nächsten Schreibwarenladen gerannt (und sie immer schön mit Fahrradhelm auf dem Kopf hinterher), Kopien gemacht und im Dauerlauf wieder zurück zur Post. Dort hat man inzwischen eine Angestellte gefunden, die Englisch spricht. Das erleichtert die Situation und es wird klar, dass jede Karte alleine geschickt werden soll und auch kann. Dafür braucht es keinen Pass. Es geht schnell zum nächsten Schalter, wo die Stempel nach einigem Hin und Her und Postkarten anschauen gemacht werden. Dann geht es im Dauerlauf zum Briefkasten und im Dauerlauf wieder in die Post wo beraten wird, wie wir denn jetzt weiterfahren. Es zeigt sich, dass unsere Strecke wohl nicht der Renner ist und wir werden sehr klar auf eine andere Strecke verwiesen. Nun müssen wir den Weg aus der Stadt finden und unser Radfahrer hält schnell ein Taxi an und fährt vor uns her, ganze 15km, bis wir an dem Kreisel sind, wo der Weg eindeutig ist. So ein netter Mensch!
Wir fahren am Fluss entlang durch ein flaches Tal, das voll ist mit Industrie und Militär. Ganz viele Raffinerien sind zu sehen. Wir halten am Weltkulturerbe in Biseton
und bewundern die Inschriften
und den Herkules.
Danach fahren wir noch lange, bis wir einen Imbiss finden, wo wir ein spätes Mittagessen zu uns nehmen. Das Fahren auf dem Seitenstreifen ist ok, sobald dieser weg ist, wird es nervig. Wir kommen an vielen, vielen Dörfern vorbei, die zum Teil traditionell mit Lehm gebaut sind, manche aber auch ganz modern.
Am Nachmittag fällt das Barometer um zwei Striche und wir befürchten, dass der Regen uns doch noch einholt. Zur Nacht sieht es noch gut aus und wir finden einen Obstgarten, der zwischen den Bewässerungsgräben genug Platz hat für unser Zelt. Es wird eine kalte Nacht.
Bisher geheime Notizen:
Wir haben immer mehr den Eindruck, dass wir hier Kunden und nicht Gäste sind. Interessant ist aber auch dass im Gegensatz zur Türkei der Islam als Religion wenig präsent ist. Man hört keinen Muezzin und wäre im Augenblick nicht das Martyriumsfest wäre auch im Straßenbild kaum reliigöses. Islam ist vor allem an der Kleidung der Frauen zu erkennen. In der Türkei war der Islam als REligion und darin vielleicht auch als Politik viel präsenter. Bisher keinerlei Bekehrungsversuche. Ärgerlich dagegen ist das Verhalten Gunda gegenüber als ungläubiger Frau. Das ist ein wenig wie Freiwild sein oder wie auf den Teppichen, die als Autositzüberhänge verkauft werden
8. Dezember, Kermānschāh (persisch کرمانشاه /kʲermɔːnˈʃɔːh/, kurdisch: Kirmashan)
Gestern Abend hatten wir noch ein weniger heiteres Programm: Wir kommen aus der Stadt zurück
und machen das Licht im Zimmer an und uns begrüßt ein Prachtexemplar einer Kakerlake. An sich tun die einem ja nichts, aber schön sind sie auch nicht. Also gucken wir wo sie so hinläuft. Nachdem sie in Richtung Flur lief, wollten wir für einen Moment schon beruhigt sein (auch wenn der Türschlitz so breit ist, dass mindestens fünf Kakerlaken gestapelt durchkommen) als sie Richtung Bad abbiegt. Dort finden wir sie ok und setzen uns aufs Bett um zu essen. Kurz darauf läuft sie munter an der Holzverkleidung der Wand neben bzw. über den Betten entlang. So hatten wir nicht gewettet. Also Betten von der Wand wegrücken und Kakerlake scheuchen. Sie saust wieder Richtung Bad in die Badewanne. Dort könnten wir sie fangen und setzen sie dazu unter Wasser. Als wir sie im Wasser in unserer Ortliebschüssel auf den Balkon aussetzen verstirbt sie dort dann doch….
Heute war großes Kulturprogramm. Erst haben wir einen der Schreine angeschaut
und dort Postkarten bekommen. Die Ornamentik ist plötzlich ganz bildhaft und nicht mehr in Mosaiken gestaltet.
Es sind ganze Bilderzyklen zu sehen.
Die Farbengestaltung erinnert uns an Portugal mit dem Grün und Blau und fast wunderbar zum Himmel. Wir sind die einzigen, die sich den Komplex anschauen und es wird viel bearbeitet und für das Fest nächste Woche hergerichtet.
Überall in der Stadt stehen Bühnen und es werden Andenken verkauft: Trommeln und Geißeln.
Wir haben genau gegenüber ein Internetcafé wo wir uns den Weg nach اصفهان auf Google Earth angeschaut haben, wenn es stimmt dann ist der höchste Punkt beinahe 3.000 m!
Am Nachmittag sind wir mit dem Taxi zu der historischen Attraktion gefahren: طاق بستان, eine Ausgrabungsstätte mit Reliefs, die wir schon aus den Religionsbüchern kennen. Zunächst aber ist die Fahrt dahin für uns ein Erlebnis, denn so können wir den iranischen Autoverkehr mal von der Rückbank betrachten und von dort wirkt er ganz elegant und nur ein wenig laut und manchmal ein wenig anarchisch. Es gibt drei Spuren, aber vor der Ampel werden es locker sechs bis sieben. Aber irgendwie kommen dann doch alle wieder in drei Spuren auf der andern Seite der Ampel an. Nur mit dem Fahrrad dazwischen haben wir kein Auge für diese ganz eigene Eleganz, denn da stecken wir mitten drin. Unser Taxifahrer lässt uns reichlich verwundert am Ende einer Straße inmitten einer schönen Parkanlage raus. Wir gehen zielstrebig den ersten Weg lang und schauen erwartungsvoll die Berge an. Wir werden von vielen erstaunt angeschaut. Immer wieder sehen wir Leute in den Bergen kraxeln und fühlen uns dazu aber nicht aufgelegt. Weder von den Schuhen (Wolfgang in Badelatschen) noch Gunda von den Klamotten (mit Kopftuch und langer Jacke bei ziemlicher Wärme). Also bleiben wir skeptisch den Bergen fern und schauen uns den Rest an. Es gibt ein Denkmal für Soldaten und als wir dort ankommen, werden wir begeistert von drei Studentinnen empfangen, von denen eine fließend Englisch spricht, was sie auch studiert.
Auf unsere Frage, wo denn nun die Reliefs seien, schaut auch sie uns irritiert an und erzählt uns, dass sie mit ihrem Englisch sehr unzufrieden sei, weil es nicht so gut sei und sie das jetzt nicht verstanden habe. Also sprechen wir eine Weile weiter (ihr Englisch ist hervorragend) und sie fragt uns, ob wir denn schon DIE Attraktion gesehen hätten. Nun, da wollen wir ja schließlich hin, wir sind nur am falschen Ort rausgelassen worden. Es hört sich auf Farsi fast gleich an. Also bekommen wir eine Wegbeschreibung und nach einer halben Stunde bergab stehen wir vor dem Eingang zu den Reliefs, für die wir nun wirklich nicht in die Berge klettern müssen. Es ist eine wunderschöne Anlage und die Reliefs selbst sind beeindruckend.
Wir genießen diesen fast spätsommerlichen Nachmittag mit Schauen, Sitzen und Reliefs und Menschen betrachten.
Zwei elegante Damen haben ein wenig Schal auf dem Kopf mit viel Haar außerhalb, andere wiederrum entsprechen der iranischen Kleiderordnung 100%, viele sind irgendwo dazwischen, so dass wir nicht ganz so auffallen. Als eine der Damen an einer versteckten Stelle den Hauch Schal wegnimmt und sich fotografieren lässt, sind sofort zwei Männer an der Stelle und die beiden Männer folgen den Damen nun auf Schritt und Tritt (der Schal ist längst wieder auf dem halben Kopf).
Wir finden ein Taxi. das uns in die Nähe des Hotels bringt, wir einigen uns auf einen Park, den er versteht und wir kennen. Auf diese Weise bekommen wir den Sonnenuntergang mit, der die Stadt und die Berge in ein warmes Rot taucht.
Wieder fällt uns auf, dass der Muezzin nicht zu hören ist. Der Weg zum Hotel geht durch regelrechte Menschenmassen, die alle einkaufen, schlendern, an den Bühnen stehen und irgendwo hinwollen.
Wir haben ein wenig zum Iran und zum Islam aus dem Internet zusätzlich zum Reiseführer gefunden, so dass wir uns weiter belesen können.
Jetzt sind wir kaputt im Hotelzimmer und Gunda genießt die kopftuchfreie Zone. Wieder ist Zeit für ein bisschen Statistik:
Bisher 19 Übernachtungen auf dem Campingplatz im Zelt,
46 mal wild im Zelt übernachtet,
1 mal im Zelt bei der Polizei,
46 mal im Hotel,
14 mal privat und
2 mal in der Moschee.
Bisher geheime Notizen:
Internet im Iran ist im hohen Maße zensiert. Kein Twitter, Facebook, kaum Infos über das Atomprogramm, selbst wetter.online. Aber wikipedia auf deutsch ist unzensiert.
12. Dezember Hamadan (auch Hamedan oder Hamadaun, persisch همدان; Hamadān) nach Joka, 64,12 km, 6768,9 Gesamtkm
Datum: 12.12.10
Tag: 134
TagesunterstützerIn:
von: Hamadan m NN 1805
nach: Joka m NN 1667
km 64,12
Gesamt km 6688,8734
km/h: 12,18
Fahrzeit 05:15
gesamte Fahrzeit: 513:53:00
Anstieg in m pro h 71,43
Anstieg in m 375
Abfahrt in m: 513
höchster Punkt in m NN 1983
Steigung/Gefälle 1,38
Der Morgen begrüßt uns mit bedrohlichen Wolken und einer steifen Brise. Das alles betrachten wir aus dem geheizten Hotelzimmer und genießen die heiße Dusche. Nachdem wir uns den gestern verhandelten Preis erneut erstritten haben, fahren wir aus der Stadt همدان , aus der auch die Heiligen Drei Könige aufgebrochen sein sollen. Der Wind ist brutal, aber noch kommt er von der Seite, so dass wir Augen haben für die Umgebung. Wir befinden uns auf dem Persian Gulf Highway!
Bald macht die Straße eine Kurve und der Wind erwischt uns von vorne. Wir haben Mühe, von der Stelle zu kommen zumal noch Regen dazu kommt. Die Gegend ist mit Industrie und Landwirtschaft einigermaßen zersiedelt und viele Häuser (immer noch?) zerstört. Nach dem Mittagessen machen wir vor einem kleinen Pass halt und fragen uns, was uns dort erwartet, nachdem schon drei Schneepflüge an uns vorbei gezogen sind. Wir trinken einen heißen Tee,
den es hier nirgendswo im Angebot gibt wie wir es aus der Türkei und dem Irak kennen, und nehmen den Pass in Angriff. Es ist für uns nur ein kleiner Pass, anschließend geht es steil bergab. Die Landschaft ist bereits vor dem Pass ganz anders, überall erscheinen neue Berge am Horizont. Wir genießen die Ausblicke im Sturm aber regenfreien Fahren, als es nach dem Pass wieder anfängt zu regnen. Wir halten an einer Tankstelle, trinken frierend den Rest unseres Tees und brauchen dringend einen trockenen und windfreien Ort für die Nacht. Inzwischen schüttet es wie aus Kübeln und uns fällt schon den ganzen Tag auf, dass Autos nur bei schönem Wetter uns anhalten, aber nicht bei dem Sauwetter. In diesem Fall wären wir froh gewesen um jemanden, der uns fragt, wo wir denn schlafen. Die Frage kommt aber nicht, so fahren wir im strömenden Regen bei inzwischen knapp über Null Grad gegen den Sturm. Plötzlich gibt es so etwas wie einen Sonnenuntergang. Es hört deswegen nicht sofort auf zu regnen. Aber die Landschaft mit ihren abgeernteten Feldern und Weiden wird in ein goldenes Licht getaucht und es ist als würden in einem Senfglas fahren. Bald ist die Sonne untergegangen und wir sehen eine Kleinstadt vor uns. Bei der Polizeistation fragen wir nach einem Ort für die Nacht, aber die verweisen uns an die 1. Hilfe-Station nebenan. Dort klopfen wir an die Türe und innerhalb von einer Minute ist uns ein Zimmer angeboten, obwohl wir vorgeschlagen haben in der Garage zu zelten. So sitzen wir im geheizten Raum und hoffen, dass der Regen vielleicht schon morgen weitergezogen ist. Wir essen gemeinsam das traditionelle Essen, das es – wo verstehen wir es – in den Moscheen zum Fest des الحسين بن علي بن ابي طالب gibt. Eher per Zufall schauen wir zum Fernsehen, als gerade der Wetterbericht gezeigt wird. Wir sind inzwischen Fans vom Wetterbericht im iranischen Fernsehen: es ist ein riesiger Touch-Screen mit Bedienungstasten und während die Dame oder der Herr viel erzählt, wird eine Taste gedrückt und dann auf dem Bildschirm das Symbol gesetzt.
So wurden gestern Wolken über Wolken auf den Bildschirm gezaubert und auf die Wolken noch mal Wolken drauf und dazu dann Schnee und Regen. Leider kein Wind, denn der wird da noch drüber gelegt. Leider auch keine Sandstürme, denn die sind auch besonders schön. Gestern sind es also Wolken über Wolken gewesen und eine Schnee-Regen-Vorhersage für eine Woche. Na super!
Bisher geheime Notizen:
Heute regnet es zum ersten Mal und es ist sehr stürmisch. Es hält kein Auto an und keiner fragt uns irgendwas. Wir sind darum insofern froh als dass es vorher schon genervt hat weil wir eher den Eindruck hatten zu belustigen. Heute immer wieder mal Hupe oder lachendende junge Männer, auch an der Tankstelle im strömenden Regen. EIn wenig fühlen wir uns in die Türkei zurückversetzt wo wir auch eher lächerlich gemacht wurden.
11. Dezember Asadabad nach Hamadan (auch Hamedan oder Hamadaun, persisch همدان; Hamadān), 56,94km, 6704,0 Gesamt km
Datum: 11.12.10
Tag: 133
TagesunterstützerIn:
von: Asadabad m NN 1528
nach: Hamadan m NN 1805
km 56,94
Gesamt km 6624,7534
km/h: 11,34
Fahrzeit 05:01
gesamte Fahrzeit: 508:38:00
Anstieg in m pro h 147,11
Anstieg in m 738
Abfahrt in m: 461
höchster Punkt in m NN 2215
Steigung/Gefälle 2,11
Zunächst der morgendliche Wetterbericht: der Wecker klingelt bei 1,3 Grad im Zelt und – fünf Grad draußen. Durch den Wetterumschwung ist die Luft feucht und das Außenzelt gefroren und daher leicht tropfend. Auch eine Stunde später ist es in der Sonne gerade mal 2 Grad und wir sehen viele, viele Wolken.
Der Besitzer kommt gerade, als wir losfahren wollen mit einem Wagen voller Möbel. Er bedankt sich bei uns - dabei sind wir es, die wir uns bedanken! – und wir fahren los. In der Stadt geht die Steigung bereits los. Auffallend ist, dass 100% der Frauen hier den Hejab tragen. Nachdem es gestern so nervig war, ist es heute morgen sehr angenehm. Wir starten gerade den Pass und bewundern einen der vielen gepflegten Parkanlagen, als wir von einem Auto zwei Schokoriegel geschenkt bekommen. Kurz danach bekommen wir zwei Apfelsinen und dann noch eine Frucht, deren Namen wir immer nicht wissen. Es gibt wenig nervige Huper. Die Passstraße ist sehr schön gebaut und bietet immer wieder weite Blicke in das Tal, das langsam im Nebel und Wolken entschwindet. An den Wegweisern steht كربلاء genauso wie کرمانشاه. Immer wieder kommen uns Pilgerbusse entgegen.
Wir fahren vom Wind, der langsam zum Sturm wird, getragen den Berg hoch und sind in drei Stunden am Pass. Wir denken, dass wir an der windstillen Seite sind, aber der Sturm nimmt sogar noch zu. Wir essen in einem ganz schönen, von einem irakischen Kurden geführtem Restaurant und fahren anschließend im Sturm auf ein pechschwarzes Tal zu. Irgendwann erheben sich zu unserer Rechten schneebedeckte Berge. Kurz vor der Stadt kommt für einen Moment die Sonne heraus und lässt die Landschaft wie im Märchen erscheinen. Es bleibt bei konstanten zehn Grad plus. Wir können erneut in eine Stadt همدان fahren, ohne dass wir vor Steinewerfenden und unsere Räder auseinandernehmenden Kindern und Jugendlichen flüchtend rasen und uns ins Hotel retten müssen. Sowohl gestern als auch heute sind wir an viel kleiner und großer Landwirtschaft vorbei gekommen und haben viele Männer mit der Schaufel und der Hacke an den Bewässerungsgräben gesehen. Im Gegensatz zur Türkei sind hier fast nur Männer bei der Feldarbeit zu sehen, dafür aber relativ viele Hirtinnen.
Bisher geheime Notizen:
Es ist klasse, dass wir in Städte fahren können ohne dass irgendetwas passiert. Heute zum ersten Mal in der Stadt das Geühl, nicht als Toursit ausgenommen zu werden. Ein gutes Gefühl.
Hamedan ist die erste Stadt, die heiter wirkt und wo es Spaß macht, irgendwas zu kaufen oder zu machen. Kermanshah war angenehme, aber durchaus durch den Krieg immer noch geprägt. Hamedan ist ganz anders, ebenso Malayer. Wir sind doch froh, die Strecke zu fahren.
10. Dezember Sahneh (Persian: صحنه; also Romanized as Şaḩneh, Sehneh, and Sahna)[1] nach Asadabad, 62,47 km, 6646,4 Gesamtkm
Datum: 10.12.10
Tag: 132
TagesunterstützerIn:
von: Sahneh m NN 1429
nach: Asadabad m NN 1528
km 62,47
Gesamt km 6567,8134
km/h: 12,92
Fahrzeit 04:49
gesamte Fahrzeit: 503:37:00
Anstieg in m pro h 92,18
Anstieg in m 444
Abfahrt in m: 345
höchster Punkt in m NN 1697
Steigung/Gefälle 1,26
Es sind etwas über zwei Grad als wir um 6.30 vom Wecker geweckt werden. Draußen sind es –vier Grad. Bei diesen Temperaturen brauchen wir morgens eine Weile, um dann wirklich abbauen zu können. Die Sonne wärmt ab acht Uhr merklich und um kurz nach neun starten wir zum Pass und es ist richtig warm. Der Pass ist wunderbar ausgebaut, eine sechsspurige Straße mit Mittelstreifen, so dass das Fahren wenig nervig ist. Oben angekommen geht es im rasanten Tempo ins Tal. Inzwischen macht sich das schlechte Wetter mit Wolken und kaltem Wind bemerkbar, so dass wir ziemlich durchgefroren bei einer mit großen Schildern beworbenen „Service Area“ ankommen. Sie ist noch im Aufbau, wird aber bestimmt einmal sehr schön und besteht im Augenblick aus einem Verkehrschaos davor. Wir finden das Restaurant und fragen nach einem Tee. Es wird der erste Tee, den wir zahlen, seit wir in der Türkei angekommen sind. Für hiesige Verhältnisse ist er sogar ziemlich teuer, dafür, dass es ein Beuteltee ist. Dieser Tee wird ein wenig wie ein Symbol für unsere Erfahrungen bisher. Bis auf den Radfahrer haben wir eher den Eindruck, dass wir hier nicht Gäste sondern Kunden sind, denen man Geld abknöpfen kann. Als wir zu unseren Rädern zurückgehen, kommt ein Bus voller Pilger an. Sie schauen eher skeptisch auf uns und unsere Räder.
Wir fahren weiter und hoffen auf eine Raststätte und machen an einem Kebabladen an der Straße halt. Am Ende kostet weniger Essen mehr als das Doppelte vom Essen von gestern. Wieder fragen wir uns, wie das hier eigentlich alles funktioniert. Mittlerweile ist uns der Seitenstreifen fast durchgängig abhanden gekommen, so dass wir mit dem dauerhupenden und rasendem Verkehr kämpfen und wieder einmal uns mit einem Sprung in den Schotter am Wegrand retten. Viele Autos fahren ganz dicht vorbei, viele Hupen irre laut und schreien irgendwas aus dem Fenster. Gestern ist sogar eine Cola-Dose genau vor uns rausgeworfen worden, so dass wir eher riskant ausweichen mussten. Es fällt uns schwer, in diesem Land uns wohlzufühlen. Der Weg geht durch ein langes und sehr flaches Hochtal, diesmal aber mit keiner Industrie, sondern Landwirtschaft.
Viele der Dörfer haben verfallene Häuser. In den Feldern sehen wir immer wieder die Zelte der Nomaden, die ihre Tiere dann auf LKWs zum nächsten Weideplatz fahren. Wir sind von einer Menge LKWs dieser Art überholt worden. Es kommt oft vor, dass Autos, Mofas oder LKWs lange langsam hinter uns her fahren, was uns auch nicht wohl sein lässt. Wir werden oft fotografiert oder gefilmt, ohne dass wir gefragt werden.
Als sich die abendliche Frage stellt, wo wir übernachten, sind wir sehr nah an der Stadt vor dem Pass. Wir könnten in die Stadt fahren und ein Hotel suchen, sind aber zu dem Zeitpunkt so genervt von den hupenden und schreienden Halbstarken, dass wir darauf heute Abend keinen Nerv mehr haben. Wolfgang sieht einen Maler an einem großen Tor und fragt ihn, ob wir im Garten dahinter zelten können. Prompt haben wir wieder vier junge Männer an der Backe, die einfach nicht hilfreich sind, wenn man einen Platz für die Nacht sucht. Irgendwann scheint es so, als wären wir beim Maler eingeladen und sie finden das wohl inzwischen auch langweilig, zumal wir uns weigern, uns fotografieren zu lassen. Die vier ziehen ab und der Maler auch um den Hausherrn zu fragen, ob wir da rein dürfen. Nach zehn Minuten kommt er wieder und erklärt uns pantomisch, dass wir uns vorstellen sollen, dass das aber geht und wir beide doch mitkommen mögen. Er macht das Tor zu und wir schieben durch eine riesiges Anwesen eine lange Einfahrt hoch. Von weitem sehen wir einen jungen Araber-Hengst mit den Hunden um die Wette rennen und viele Stallungen. Die Besitzer sind ein junges Ehepaar, die nichts dagegen haben, dass wir unter den Bäumen unser Zelt aufschlagen, uns einen heißen Kaffee und Obst bringen. Wir hätten sogar auch drinnen schlafen können. Da hatten wir aber das Zelt schon aufgebaut. So riskieren wir die Nacht draußen, obwohl das Barometer dramatisch, zweimal gleich um zwei Einheiten gefallen ist und das eher nach Unwetterwarnung aussieht.
Wir haben Mühe, die Landschaft und die guten Erfahrungen, die wir auch machen, im Sinn zu behalten, weil alles andere so nervig und undurchsichtig ist.
Bisher geheime Notizen:
Die Autos haben fast alle den Schriftzug des Festes auf der Windschutzscheibe, viele mit gemalten Blutstropfen unterlegt. Diese Blutstropfen erscheienn im Fernsehen auch. Es gibt hier nur offizielles Fernsehen, das politisch sehr eindeutig ist, auch schon von de Formulierungen her. Es gibt einen NAchrichtensender mit englischen Untertiteln und einer GEspächsrunde jeden Abend wo immer ein islamischer Gelehrter dabei ist. Es gibt auch einen Kanal mit Spielfilmen, manche in Englisch mit Untertiteln. DEn gibt es aber nicht immer.
9. Dezember Kermānschāh (persisch کرمانشاه /kʲermɔːnˈʃɔːh/, kurdisch: Kirmashan) nach Sahneh (Persian: صحنه; also Romanized as Şaḩneh, Sehneh, and Sahna)[1], 77,46 km, 6583,1 Gesamtkm
Datum: 9.12.10
Tag: 131
TagesunterstützerIn:
von: Kermanshar m NN 1530
nach: Sahneh m NN 1429
km 77,46
Gesamt km 6505,3434
km/h: 14,05
Fahrzeit 05:30
gesamte Fahrzeit: 498:48:00
Anstieg in m pro h 55,09
Anstieg in m 303
Abfahrt in m: 404
höchster Punkt in m NN 1429
Steigung/Gefälle 0,91
Wir können am Morgen in aller Ruhe in der Hotellobby unsere Räder beladen und werden von dem alten Herrn, der für das Frühstück zuständig ist, herzlichst verabschiedet. Wir wollen zur Post und biegen dafür beherzt in die Einbahnstraße. Da hier eh jeder so fährt wie der will, macht das auch nicht so viel. Wir halten kurz, um die Moschee vor dem Basar zu fotografieren, als Wolfgang von einem Mann angesprochen wird der ihm Fotos von ihm und seinem Rennradteam zeigt. Er ist begeistert von uns.
Als wir ihn nach der Post fragen, bringt er uns hin und schafft es, diesen Wahnsinnsverkehr überall zu stoppen. Das beeindruckt uns durchaus. Auf der Post geht eine Odyssee los. Denn zunächst sollen die Postkaren alle in einen Umschlag, der wird schnell gekauft, dann mit dem Pass von Gunda in den nächsten Schreibwarenladen gerannt (und sie immer schön mit Fahrradhelm auf dem Kopf hinterher), Kopien gemacht und im Dauerlauf wieder zurück zur Post. Dort hat man inzwischen eine Angestellte gefunden, die Englisch spricht. Das erleichtert die Situation und es wird klar, dass jede Karte alleine geschickt werden soll und auch kann. Dafür braucht es keinen Pass. Es geht schnell zum nächsten Schalter, wo die Stempel nach einigem Hin und Her und Postkarten anschauen gemacht werden. Dann geht es im Dauerlauf zum Briefkasten und im Dauerlauf wieder in die Post wo beraten wird, wie wir denn jetzt weiterfahren. Es zeigt sich, dass unsere Strecke wohl nicht der Renner ist und wir werden sehr klar auf eine andere Strecke verwiesen. Nun müssen wir den Weg aus der Stadt finden und unser Radfahrer hält schnell ein Taxi an und fährt vor uns her, ganze 15km, bis wir an dem Kreisel sind, wo der Weg eindeutig ist. So ein netter Mensch!
Wir fahren am Fluss entlang durch ein flaches Tal, das voll ist mit Industrie und Militär. Ganz viele Raffinerien sind zu sehen. Wir halten am Weltkulturerbe in Biseton
und bewundern die Inschriften
und den Herkules.
Danach fahren wir noch lange, bis wir einen Imbiss finden, wo wir ein spätes Mittagessen zu uns nehmen. Das Fahren auf dem Seitenstreifen ist ok, sobald dieser weg ist, wird es nervig. Wir kommen an vielen, vielen Dörfern vorbei, die zum Teil traditionell mit Lehm gebaut sind, manche aber auch ganz modern.
Am Nachmittag fällt das Barometer um zwei Striche und wir befürchten, dass der Regen uns doch noch einholt. Zur Nacht sieht es noch gut aus und wir finden einen Obstgarten, der zwischen den Bewässerungsgräben genug Platz hat für unser Zelt. Es wird eine kalte Nacht.
Bisher geheime Notizen:
Wir haben immer mehr den Eindruck, dass wir hier Kunden und nicht Gäste sind. Interessant ist aber auch dass im Gegensatz zur Türkei der Islam als Religion wenig präsent ist. Man hört keinen Muezzin und wäre im Augenblick nicht das Martyriumsfest wäre auch im Straßenbild kaum reliigöses. Islam ist vor allem an der Kleidung der Frauen zu erkennen. In der Türkei war der Islam als REligion und darin vielleicht auch als Politik viel präsenter. Bisher keinerlei Bekehrungsversuche. Ärgerlich dagegen ist das Verhalten Gunda gegenüber als ungläubiger Frau. Das ist ein wenig wie Freiwild sein oder wie auf den Teppichen, die als Autositzüberhänge verkauft werden
8. Dezember, Kermānschāh (persisch کرمانشاه /kʲermɔːnˈʃɔːh/, kurdisch: Kirmashan)
Gestern Abend hatten wir noch ein weniger heiteres Programm: Wir kommen aus der Stadt zurück
und machen das Licht im Zimmer an und uns begrüßt ein Prachtexemplar einer Kakerlake. An sich tun die einem ja nichts, aber schön sind sie auch nicht. Also gucken wir wo sie so hinläuft. Nachdem sie in Richtung Flur lief, wollten wir für einen Moment schon beruhigt sein (auch wenn der Türschlitz so breit ist, dass mindestens fünf Kakerlaken gestapelt durchkommen) als sie Richtung Bad abbiegt. Dort finden wir sie ok und setzen uns aufs Bett um zu essen. Kurz darauf läuft sie munter an der Holzverkleidung der Wand neben bzw. über den Betten entlang. So hatten wir nicht gewettet. Also Betten von der Wand wegrücken und Kakerlake scheuchen. Sie saust wieder Richtung Bad in die Badewanne. Dort könnten wir sie fangen und setzen sie dazu unter Wasser. Als wir sie im Wasser in unserer Ortliebschüssel auf den Balkon aussetzen verstirbt sie dort dann doch….
Heute war großes Kulturprogramm. Erst haben wir einen der Schreine angeschaut
und dort Postkarten bekommen. Die Ornamentik ist plötzlich ganz bildhaft und nicht mehr in Mosaiken gestaltet.
Es sind ganze Bilderzyklen zu sehen.
Die Farbengestaltung erinnert uns an Portugal mit dem Grün und Blau und fast wunderbar zum Himmel. Wir sind die einzigen, die sich den Komplex anschauen und es wird viel bearbeitet und für das Fest nächste Woche hergerichtet.
Überall in der Stadt stehen Bühnen und es werden Andenken verkauft: Trommeln und Geißeln.
Wir haben genau gegenüber ein Internetcafé wo wir uns den Weg nach اصفهان auf Google Earth angeschaut haben, wenn es stimmt dann ist der höchste Punkt beinahe 3.000 m!
Am Nachmittag sind wir mit dem Taxi zu der historischen Attraktion gefahren: طاق بستان, eine Ausgrabungsstätte mit Reliefs, die wir schon aus den Religionsbüchern kennen. Zunächst aber ist die Fahrt dahin für uns ein Erlebnis, denn so können wir den iranischen Autoverkehr mal von der Rückbank betrachten und von dort wirkt er ganz elegant und nur ein wenig laut und manchmal ein wenig anarchisch. Es gibt drei Spuren, aber vor der Ampel werden es locker sechs bis sieben. Aber irgendwie kommen dann doch alle wieder in drei Spuren auf der andern Seite der Ampel an. Nur mit dem Fahrrad dazwischen haben wir kein Auge für diese ganz eigene Eleganz, denn da stecken wir mitten drin. Unser Taxifahrer lässt uns reichlich verwundert am Ende einer Straße inmitten einer schönen Parkanlage raus. Wir gehen zielstrebig den ersten Weg lang und schauen erwartungsvoll die Berge an. Wir werden von vielen erstaunt angeschaut. Immer wieder sehen wir Leute in den Bergen kraxeln und fühlen uns dazu aber nicht aufgelegt. Weder von den Schuhen (Wolfgang in Badelatschen) noch Gunda von den Klamotten (mit Kopftuch und langer Jacke bei ziemlicher Wärme). Also bleiben wir skeptisch den Bergen fern und schauen uns den Rest an. Es gibt ein Denkmal für Soldaten und als wir dort ankommen, werden wir begeistert von drei Studentinnen empfangen, von denen eine fließend Englisch spricht, was sie auch studiert.
Auf unsere Frage, wo denn nun die Reliefs seien, schaut auch sie uns irritiert an und erzählt uns, dass sie mit ihrem Englisch sehr unzufrieden sei, weil es nicht so gut sei und sie das jetzt nicht verstanden habe. Also sprechen wir eine Weile weiter (ihr Englisch ist hervorragend) und sie fragt uns, ob wir denn schon DIE Attraktion gesehen hätten. Nun, da wollen wir ja schließlich hin, wir sind nur am falschen Ort rausgelassen worden. Es hört sich auf Farsi fast gleich an. Also bekommen wir eine Wegbeschreibung und nach einer halben Stunde bergab stehen wir vor dem Eingang zu den Reliefs, für die wir nun wirklich nicht in die Berge klettern müssen. Es ist eine wunderschöne Anlage und die Reliefs selbst sind beeindruckend.
Wir genießen diesen fast spätsommerlichen Nachmittag mit Schauen, Sitzen und Reliefs und Menschen betrachten.
Zwei elegante Damen haben ein wenig Schal auf dem Kopf mit viel Haar außerhalb, andere wiederrum entsprechen der iranischen Kleiderordnung 100%, viele sind irgendwo dazwischen, so dass wir nicht ganz so auffallen. Als eine der Damen an einer versteckten Stelle den Hauch Schal wegnimmt und sich fotografieren lässt, sind sofort zwei Männer an der Stelle und die beiden Männer folgen den Damen nun auf Schritt und Tritt (der Schal ist längst wieder auf dem halben Kopf).
Wir finden ein Taxi. das uns in die Nähe des Hotels bringt, wir einigen uns auf einen Park, den er versteht und wir kennen. Auf diese Weise bekommen wir den Sonnenuntergang mit, der die Stadt und die Berge in ein warmes Rot taucht.
Wieder fällt uns auf, dass der Muezzin nicht zu hören ist. Der Weg zum Hotel geht durch regelrechte Menschenmassen, die alle einkaufen, schlendern, an den Bühnen stehen und irgendwo hinwollen.
Wir haben ein wenig zum Iran und zum Islam aus dem Internet zusätzlich zum Reiseführer gefunden, so dass wir uns weiter belesen können.
Jetzt sind wir kaputt im Hotelzimmer und Gunda genießt die kopftuchfreie Zone. Wieder ist Zeit für ein bisschen Statistik:
Bisher 19 Übernachtungen auf dem Campingplatz im Zelt,
46 mal wild im Zelt übernachtet,
1 mal im Zelt bei der Polizei,
46 mal im Hotel,
14 mal privat und
2 mal in der Moschee.
Bisher geheime Notizen:
Internet im Iran ist im hohen Maße zensiert. Kein Twitter, Facebook, kaum Infos über das Atomprogramm, selbst wetter.online. Aber wikipedia auf deutsch ist unzensiert.
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