Donnerstag, 20. Januar 2011

18.-20. Januar Teheran, 171, 172, 173

30 Dey 1389


Der Morgen ist kristall-klar und es fällt uns schwer, den Weg bergab einzuschlagen, bergauf zu gehen reizt bei der klaren Sicht. Aber unser Visum soll ja fertig sein und so wandern wir ein viertes Mal zur Botschaft, den Weg kennen wir auswendig. Zunächst werden wir nicht auf das Botschaftsgelände gelassen und sollen draußen warten. Dann dürfen wir hinein, nur um zu erfahren, dass das Visum nicht fertig ist und sie auch nicht wissen warum. Als wir durchaus hartnäckig nachfragen, wird deutlich, dass das Problem bei der Visa-Stelle liegt. Der bearbeitende Mensch in Teheran ruft für uns die turkmenische Botschaft an, die versprechen unser Visum schnell zu besorgen, wenn wir dann mit dem usbekischen Visum kommen. Ja wenn wir denn… Nun ist also der nächste 100% Termin am Sonntag. Dann könnten wir auch direkt zu den Turkmenen.
Wir gehen wieder von dannen und entscheiden bei den Kirgisen vorbeiszuschauen, die nicht weit weg sind. Dort stehen wir erst eine Weile vor der Tür rum, werden dann hereingeholt und finden uns in einer schönen Villa wieder. Dort wird uns viel von Kirgistan erzählt und auf einer Karte die Unterschiedlichkeiten der Natur erklärt. Das Formular ist schnell ausgefüllt, die Bank Melli zu finden, ist dagegen ein längerer Akt. Am Ende sind es je eine Stunde zu Fuß oder mit dem Taxi und Gunda ist in der Botschaft und verhält sich ganz ruhig, so dass wir auch nach 12 Uhr noch unseren Antrag abgeben können. Dieser ist in fünf Arbeitstagen fertig und es hört sich so an, als sei dem auch so.
Wir laufen den bekannten Weg zurück, in der Regel schneller als die Autos, die schon im Wochenendstau stehen. Auch durch das regelmäßige Laufen wird er nicht kürzer, aber wir entdecken die Fortschritte an den Stahlbauten am Wege. Inzwischen ist es so dunstig, das die Berge kaum noch zu sehen sind. Im Hotel angekommen, trinken wir einen Kaffee und entdecken, dass Reza uns für den Abend einlädt. Darauf freuen wir uns sehr und suchen nach einem Mittagsschlaf die Adresse der katholischen Gemeinde in Teheran, denn uns würde ein Gespräch ja doch sehr interessieren. Mit vereinten Kräften von Reza und Sigrid finden wir die richtige Adresse.
Wir sind wieder auf dem Weg zum kaspischen Restaurant, das aber wieder geschlossen ist. Dann geht es weiter zu iranischen Außenministerium,

das in einer Gebäudeansammlung




steht, die von Deutschen gebaut worden sind. In diesem Zusammenhang erfahren wir eine andere Perspektive auf die Begeisterung, mit er wir als „Deutsche“ aufgenommen werden. Ganz konkret in Teheran sind viele Gebäude und Straßen mit der Hilfe von „Deutschen“ zu Hitlers Zeiten gebaut worden, so dass die Assoziation des Bauens ist und die, ein „System“ in die Stadt zu bringen, die so schnell gewachsen ist, dass die Bebauung nicht hinterherkam. Zugleich erfahren wir auch, dass die meisten aber schlichtweg keine Ahnung haben, was sie sagen. Wir erleben wieder einmal mehr, dass wir uns wie in einem Puzzel bewegen, wo wir immer wieder einmal ein Teil an das andere legen können und dennoch kein Gesamtbild erahnen.
Nachdem wir uns den Platz und die Architektur und auch weitere alte Häuser angeschaut


haben während die Kurrierdienste versuchen, mit Feuern an der Straße sich gegen die kalte Nacht zu wärmen,


finden wir im Süden ein Restaurant in ersten Stock. Es ist ein Selbstbedienungsrestaurant und brechend voll.


Das Essen ist sehr gut, ganz anders als alles, was wir bisher hatten.




Übrigens: Vor 150 Tagen waren wir in Slowenien!

Nach dem Frühstück, das gut ist!, folgt ein erneuter Anruf bei der usbekischen Visa-Stelle. Sie wissen noch nichts, aber morgen zu 99% ist das Visum fertig. Damit sind wir frei für den Tag und laden uns am Abend wieder bei Rieke und Thorsten ein. Wir fahren zum برج آزادی, auf dem Weg kommen



wir bei einem der vielen Bäcker vorbei, der uns auch in der Backstube fotografieren lässt.







Beim Turm selbst sind wir zwar in der Mittagspause, aber können dennoch die Architektur genießen.



Der Himmel ist blau solange wir direkt nach oben schauen, ansonsten hat sich schon wieder der Smog über die Stadt gelegt und die Berge sind nicht zu sehen. Auf dem Weg zum Turm sehen wir seit langem mal wieder Roma-Frauen, die hier als Wahrsagerinnen arbeiten und einen regen Zulauf haben. Währenddessen gehen die Töchter der Arbeit nach.
Der Schnee ist hier im Süden schon fast wieder Geschichte und die Sonne wärmt wieder. Auf dem Weg zurück kaufen wir noch Gemüse fürs Abendessen ein,


wohlwissend, dass es sicherlich fürchterlich gespritzt ist.



Den Weg zu Rieke und Thorsten finden wir mit dem Bus, unser zweites und erfolgreiches Busexperiment auch wenn es streckenweise zu Fuß schneller wäre in der abendlichen Rush-Hour. Wir kochen gesund Gemüse mit Nudeln und genießen den Abend in Radfahrenden-Gemeinschaft.

Datum: 18.1.11
Tag: 171
TagesunterstützerIn:
von: Teheran m NN 1192
nach: Teheran m NN 1168
km 4,74
Gesamt km 7711,1054
km/h: 13,3
Fahrzeit 00:21
gesamte Fahrzeit: 590:01:00
Anstieg in m pro h 60,00
Anstieg in m 21
Abfahrt in m: 45
höchster Punkt in m NN 1242
Steigung/Gefälle 1,39

Der Weg zur Verlängerung des Iran-Visums am frühen Morgen eröffnet uns den Blick auf die schneebedeckten Berge, den wir in der Klarheit noch nicht hatten. Wir laufen eine Weile parallel zu den Bergen und müssen darauf achten, dass wir nicht in Menschen oder Autos laufen, weil der Anblick so schön ist. In der Visums-Stelle ist es leer und innerhalb von zwei Minuten bekommen wir unser Visum in der dritten und kompletten Verlängerung ausgehändigt. Nun geht der Ärger mit dem usbekischen Visum weiter. Das Telefon ist um 9:00 nicht besetzt, um 9:10 besetzt, um 9:15 weiß keiner von nichts, um 9:30 auch noch nicht, wir sollen morgen noch mal anrufen.
Also gehen wir zurück ins Hotel und ziehen dort aus. Die Gegend ist wirklich schön, aber das Hotel für den Preis einfach unmöglich. Im Hotelzimmer reparieren wir noch unsere Reifen mit Spüli. Wir sind fasziniert, wie sich der geklemmte Mantel einfach wie nichts herausschiebt und die Reifen wieder eben sind. Dass es so einfach ist, hätten wir nicht gedacht! Außerdem starten wir den Teil 1 der Dokumentation iranischer Biersorten.



Wir fahren durch die Stadt, es ist wieder einmal gut möglich hier zu fahren, in allem Chaos sind die Autofahrer rücksichtsvoll und beinahe langmütig. In unserem neuen Hotel werden wir sehr freundlich aufgenommen und bekommen eines der großen Zimmer, weil Radfahrende immer so viel Zeugs dabei haben. Die Räder stehen im Keller und so haben wir in der Tat Platz im Zimmer. Es liegt sogar ein Teppich und das ist ja fast wie ein zusätzlicher Raum. Wir haben wieder Internet und im Gebetsraum stehen zwei weitere Computer. Als Wolfgang einen dieser benutzt, wird er erst gefragt „where do you come from“ bevor die Belegschaft ihr Abendgebet beginnt. Der muslimische Glaube ist in seiner Praxis immer wieder von einer herrlichen Pragmatik und zugleich Innerlichkeit geprägt, die uns immer wieder erstaunen lässt.
Den Nachmittag verbringe wir mit Internetrecherchen, E-Mails und einem Mittagsschlaf um am Abend dann Reza B. zu treffen


, der uns unter anderem auch die Usbekistan-Karte mitbringt. Es kommt Hamid K. mit, ein Freund von ihm, der unser Ansprechpartner war, als Reza noch in Hamburg war. Wir gehen in ein Kebab-Restaurant, das uns von unserem Kebab-Schock erholt. Das Essen ist hervorragend und die Atmosphäre schön. Es ist ein spannender Abend mit vielen Gesprächen über den ايرانund Deutschland. Wir gehen noch eine Weile spazieren und erfahren vieles über تهران‎, seine Architektur und sehen das neue Regierungsgebäude, das sehr an den Louvre erinnert. Wir kommen am Fischbasar vorbei, der jetzt gegen 22:00 dabei ist zu schließen. Wir bewundern die Fische aus dem persischen Golf, riesige Exemplare und Sorten, die wir noch nie gesehen haben. Obwohl es spät ist und die Müdigkeit die verkaufenden Männer zeichnet, zeigen sie uns voller Stolz ihre Fische.
Bisher unveröffentlichte Notizen:
Das Staatsfernsehen zeigt die Bilder aus Kairo immer parallel mit den Bildern der Islamischen Revolution, zum Teil im direkten Übergang so dass nur die Fahnen sagen welches Land gerade gemeint ist. Je näher der Revolutionstag rückt, desto präsenter werden Propaganda-Filme in den U-Bahnhöfen (so nennen es die Iraner selbst). Viele verdrehen die Augen wenn der Film läuft.
Übrigens: hier gibt´s Tips für NachahmerInnen!

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