Samstag, 6. August 2011

5. August 2011, 370

5. August, Höhoku bis 萩市, 68,8km, 13736,29 Gesamtkm

Datum: 5.8.11
Tag: 370
TagesunterstützerIn: clara.francesco; c/o Br. Gregor Wagner, Franziskanerkloster Pankow
von: Höhoku m NN 14
nach: Hagi m NN 2
km 68,8
Gesamt km 13736,2951
km/h: 11,9
Fahrzeit 05:46
gesamte Fahrzeit: 1094:29:00
Anstieg in m pro h 108,21
Anstieg in m 624
Abfahrt in m: 636
höchster Punkt in m NN 81
Steigung/Gefälle 1,83
 
In dieser Gegend gibt es eine Menge Sirenen. Um 21:00 sind sie gegangen und dann noch mal später. Schon am frühen Morgen geht sie wieder. Wir gehen jeweils davon aus, dass das normal ist. Wir würden ja eh keine Durchsage verstehen. Ein wenig mulmig ist uns jedes Mal. Was im Ernstfall wäre, wissen wir nicht. Wir sind bisher erst auf eine Frau, die des Englischen mächtig gewesen ist (in den Thermen in Kap Ashizuri (足摺岬)) gestoßen, sonst ist es maximal ein rudimentäres. Wir hoffen einfach, dass nichts passiert.
Die Straße ist in unsere Richtung nicht so dicht befahren und daher angenehm. Der Morgen ist frisch und nicht mehr windig und wir kommen sehr gut voran. Als wir gegen 11:30 an einem großen Supermarkt vorbeikommen, der sogar drei Bänke im Schatten hat, essen wir dort und beobachten eine Weile das Treiben auf dem Parkplatz. Zu 70% sind es Töchter, die ihre Mütter zum Einkaufen fahren. Die zwei Söhne bleiben im Gegensatz zu den Töchtern im Auto sitzen und kommen erst heraus, um die Taschen zu tragen. Wir schauen dem Treiben zu und fragen uns, ob es wohl so auch in Deutschland ist.
Unsere Straße biegt von der Hauptstraße ab und wird theoretisch von der Bahn begleitet. Allerdings bekommt die Bahn einen Tunnel während wir den nächsten Berg, der uns von der nächsten Bucht trennt, hinaufquälen. Es ist irre steil und heiß, zum Teil gibt es aber Schatten. Plötzlich sind wir wieder alleine auf der Straße und der Zauber der Küsten hat uns wieder. Wir fahren um die Kurve und vor uns liegt die Bucht   

 
und auch die Bahn ist wieder da. In der Bucht ist ein Dorf und Schatten nur in einer Garage direkt am Wasser. Dort leihen wir uns den schattigen Eingang. Ein Auto fährt vor und wir springen alamiert auf. Es ist ein ganz neuer VW GTI und ein junger Mann entspringt ihm mitsamt dem obligatorischen I-Phone. Wohl kaum der Garagenbesitzer, den haben wir uns eher 70 aufwärts vorgestellt. Ist er auch nicht, sondern Tourist und setzt sich mit dem obligatorischen Kaffee aus der Dose an den Strand. Kurz darauf kommt das nächste Auto, diesmal der Besitzer. Wir haben eh schon gepackt und stehen an unseren Rädern. Wir werden eher ignoriert und wollen eh fahren. Wir erwarten eine ähnliche Straße und freuen uns eigentlich darauf, auch wenn die verbleibenden 20km dann nachmittagsfüllend werden. Die Straße hinter dem verträumten Dorf   

 
wird zweispurig,   

 
dann vierspurig und plötzlich stehen wir an einer Autobahnausfahrt mit einer Tourismusinformation. Das nette an diesen Orten ist das Klo und dass dort auch regionale Produkte verkauft werden. Ansonsten hat es mit Info nichts zu tun. Heute denken wir, dass sich ein solcher Ort hervorragend für Kurzfilme eignen würde. Die Situationskomik in diesem Air-Conditioning-Land mit uns völlig verschwitzt immer draußen sitzend oder stehen ist immer wieder klasse.
Wir verlassen leider unsere kleine Straße in der Meinung, die große sei leichter zu fahren. Ein fataler Fehler, denn wir werden in den Himmel geführt, vorbei an Baustellen. Baustellen sind in Japan eine sehr spezielle Angelegenheit. Denn sie werden zu 99% nicht durch Ampeln geregelt, sondern durch viele Menschen mit vielen Fahnen. Erst kommt einer, der eine Fahne hochhält, die wohl so was heißt wie: Langsam, Baustelle (ersetzbar durch: Gartenarbeiten). Dann kommt mindestens ein Mensch mit einer weißen und einer roten Fahne und einem Funkgerät. Beide haben ein Pendant am anderen Ende der Baustelle. Dann sind in der Regel zwischendurch noch Fahnenmenschen. Dann oft auch noch Ampeln zusätzlich. Unser Fahnenmensch heute ist eine Frau, die mit unserer Anwesenheit völlig überfordert ist und schon die Anweisung, Straße frei für den Gegenverkehr gegeben hat, uns auf einen unbrauchbaren, da voll mit Baugeräten, Fahrradweg losten will. Bei solchen Aktionen werden dann beide Fahnen gewunken, auf uns zugelaufen und dann in die Richtung, in die wir fahren sollen. Wir müssen also klären, dass wir da nicht hinwollen, die gute Frau nicht umfahren, entscheiden, ob wir denn nun fahren (die weiße Fahne wird mehr geschwenkt als die rote, also Fahren) und das bei 15% bergauf. Irgendwie schaffen wir es, weder mit ihr noch mit der Absperrung zu kollidieren als uns die Autokolonne entgegenkommt. Also manövrieren wir uns mit den Autos durch die Baustelle und es ist große Aufregung überall. Aber es ist das erste Mal, dass das nicht geklappt hat. Oft werden wir alleine durchgewunken und Autos auf beiden Seiten müssen warten bis dann per Funk durchgegeben wird: angekommen.
Wir sind wieder im vollen Verkehr und froh, dass es nicht mehr weit ist. Außer, dass es in dem Ort eine Jugendherberge gibt, wissen wir nichts und sind erstaunt, beim Suchen durch eine alte Stadt zu fahren. Zunächst landen wir an einem Haus, das Hunderte von Rädern vor der Türe hat.   

 
Aber kein Jugendherbergszeichen. Dann eine Ansammlung von ziemlich runtergekommenen Bungalows für viel Geld, an der Einfahrt sehen wir Buchstaben, von denen zwei JH sind. Wir schauen im Computer nach und stellen fest, mit Erleichterung: das ist nicht die Jugendherberge. Als wir sie dann finden, werden wir freundlich begrüßt, bekommen ein Vierer-Zimmer mit Betten (!!!!!!!!!!!!!!!!!!!) zu zweit, die Räder können in den Innenhof und wir wissen nun, dass die Stadt ganz historisch ist. Da Gunda aber dringend einen Tag außerhalb der Sonne braucht, bleiben wir noch eine Nacht länger, um uns auch etwas anschauen zu können. Auch hier gibt es einen Supermarkt zu dem wir in der Dunkelheit laufen.

Übrigens: Vor 300 Tagen waren wir in Istanbul!

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