Sonntag, 28. Februar 2010

Zentimeter entscheiden über Leben

150.000 km Radreiseerfahrung lassen in manchen Dingen keine Kompromisse mehr eingehen. Frankreichtour - Grenoble, 2009: Ein LKW kracht vor uns mit seinen Aufbauten gegen eine Eisenbahnbrücke. Riesenkrach, Brücke scheint unbeschädigt, der Fahrer klettert aus dem Führerhaus. Bei mir löst die Situation eine gewisse Befriedigung aus: dieser Fahrer ist diesen Job jetzt bestimmt los! Unser Leben hängt hunderte Male am Tag davon ab, ob LKW-, Caravan- und PKW-FahrerInnen ihr Fahrzeug auf den Zentimeter genau einschätzen können, und da ist ein solcher Unfall eine willkommene Selektion.

Mit großem Respekt habe ich am Mittwoch dann den Rücktritt von Bischöfin Käßmann vernommen. Rücktritt, weil man/frau zufällig mit Alkohol im Blut am Steuer erwischt wird? Das gehört ja nicht gerade zur Kultur unserer AutofahrerInnenrepublik! Doch mit diesem ehrlichen Schritt verhindert Käßmann, mit den Wiesheus und Haiders in einem Atemzug genannt zu werden.
In meinem Radfahrerleben gab es bestimmt 15.000 (!) Situationen, wo ich im Recht gewesen wäre, aber für die Fehler anderer mitdenken und -handeln mußte. Doch wenn 1,5 , 1,7 oder 1,8 Promille das Gegenüber im Phaeton zur SelbstmordattentäterIn werden lassen, hilft auch diese vorausschauende Fahrweise nichts mehr.
Deshalb rettet Käßmann mit ihrem Schritt vielleicht unser Leben. Sie weiß um Vorbildfunktionen. Sie hat bei der Trauerfeier für Robert Enke am 11. November 2009 gepredigt. Aber auch sie konnte nicht verhindern, dass in den kommenden Wochen bei der Eisenbahn die stundenlangen Verspätungen wegen "Notarzteinsatz am Gleis" sich vervierfachten. Enke war Vorbild, auch im Suizid, aber niemand thematisierte die Aggression und Gewalt, die er durch die Art und Weise seiner Selbsttötung anderen damit antat.

Käßmann brauchte für ihren Rücktritt drei Tage. Einen sicherlich, um Schock und Kopfweh zu überwinden. Einen anderen, sich zu beraten. Und noch einen, um sich selber klar zu werden, vielleicht auch im Gebet. Drei Tage habe ich dann noch andern gegeben, auch in kirchlichen Leitungsämtern, von denen ich weiß, daß sie besoffen autofahren (und die sind nicht alle protestantisch!). Aber niemand trat mehr zurück.
Der Schritt Käßmanns wird unsere Leben retten, wenigstens dazu beitragen. Umso mehr, je mehr auch andere dazu beitragen, diese ehrliche und ernsthafte Sichtweise in der Öffentlichkeit zu multiplizieren.

W#

Pontifical College Josefinum

G#

und so sieht´s hier im Sommer aus...


... und wieder auf das Bild klicken...

G#

Hier bin ich (allerdings im Schnee!)


Und jetzt: Google Earth installieren und auf das Satellitenfoto klicken!

G#

Freitag, 12. Februar 2010

ist die Erderwärmung jetzt weg - Beobachtungen aus den USA


Nachdem es seit einer Woche schneit und oder stürmt und schneit, gibt es tatsächlich Diskussionen im Fernsehen darüber, dass die Erderwärmung und der Klimawandel nicht stattfindet, sondern eine Propaganda der Linken und Liberalen sei.
Das Thema Klimaschutz ist hier wirklich kompliziert. Nach der ersten Woche war ich beinahe so weit, Obamas Position in Kopenhagen ein wenig zu verstehen: es wäre gar nicht möglich, Klimaziele einzuhalten in diesem Land ohne die Demokratie abzuschaffen und zu einer Klima-Diktatur überzugehen. Hier im mittleren Westen ist es aufgrund der Infrastruktur beinahe unmöglich, wenigstens klimaneutral zu leben: sobald man nicht an den Haupteinfahrtstraßen lebt, gibt es keine Bürgersteige, keine Einkaufsmöglichkeiten. Bäcker gibt es eh nicht, auch keine Märkte. Der Versuche, mit dem Fahrrad einzukaufen scheitert auch bei vollem Wollen an den Entfernungen: 6-10 km fahren für einen kleinen Einkauf? Amerikaner würden nicht auf die Idee kommen. Ich komme mit öffentlichen Verkehrsmitteln nicht zum College, muss einen Umweg von ca 5km mit dem Fahrrad fahren, weil die Straße, die den Highway überquert durch ihre Zufahrten zum und Abfahrten vom Highway lebensgefährlich ist. Ein wenig Emphatie kann ich schon aufbringen.
Die zweite Woche mit den absurden Diskussionen, den fehlenden Winterreifen und dem Chaos hier lässt die Emphatie doch ein wenig schmelzen....

Davon unabhängig gewöhne ich mich an den Lebensrythmus, der sicherlich sehr bayrisch ist, aber sicherlich nicht meiner. Alles ist früh und der Abend beginnt um fünf. Dennoch habe ich Glück und bin in einer Salat-essenden Familie gelandet, direkt neben meiner alten Gastfamilie. Das ist halt die andere Seite: die Gastfreundschaft. Die ich auch hier im College erlebe auch wenn ich gerne vieles diskutieren würde.

Mit unserer Radreise sind wir die Stars, es ist nicht vorstellbar a) so weit mit dem Rad und Zelt und ohne Air-Konditioning zu fahren und b) durch Länder zu reisen, die hier DIE Achse des Bösen sind oder gänzlich unbekannt.

G#

Montag, 8. Februar 2010

Pässe radlen

Hier ein paar Fähnchen aus der Vergangenheit! W#

Freitag, 5. Februar 2010

Herberge


Seit 1977 alle Herbergsstempel der Jugendherbergen gesammelt. Gibt eine stattliche Landkarte. W#

Dienstag, 2. Februar 2010

Impfungen


Der Hausarzt meint, die Techniker zahlt bei Impfungen am meisten.
Also: Zwei Monate Kündigungsfrist einhalten und Krankenkasse wechseln...

Jeder Arbeitnehmer hat die Möglichkeit, in die Krankenkasse seiner Wahl einzutreten.

Versicherungspflichtige und Versicherungsberechtigte können die Mitgliedschaft bei Ihrer Krankenkasse mit einer Frist von zwei Monaten zum Ende des Kalendermonats kündigen. Wer also zum 01.04. seine Kasse wechseln möchte, muss spätestens im Januar zum 31.03. kündigen. An die Wahlentscheidung sind die Mitglieder dann 18 Monate gebunden.

W#

USA

Der erste Eindruck vor der Landung in New York: auf den Dächern ist weit und breit keine einzige Solaranlage zu sehen. Wir fliegen endlos über die an New York angrenzenden Städte und Stadtteile und mir ist es noch nie aufgefallen, dass keine Solaranlagen auf den Dächern sind. Vielleicht weil es in Deutschland ein so vertrautes Bild ist. Die Landung war beinahe dramatisch, das Flugzeug hüpfte mehr als das es landete.
Wer auch immer das Begrüßungsgeld zahlen musste bei der Einreise, ich musste es nicht. Es ging überhaupt alles sehr schnell. Nachdem ich dann mit dem Expressbus einmal quer durch New York gefahren bin, kam ich so spät in Newark an, dass ich den Flieger nur deswegen bekommen habe, weil auch dieser eine Stunde Verspätung hatte. Das Ergebnis: die Sicherheitskontrollen fielen quasi ganz weg. Einmal scannen und mehr nicht. Der Flieger war so klein, das ich bereits gebückt gehen musste. Größer oder dicker zu sein fällt bei so einem Flieger aus. Schätze, da bleibt nur noch das Auto. Oder die Bahn, ein interessantes Kapitel.
Mit dem Bus durch New York zu fahren war wunderschön. Was für eine Stadt. Obwohl eine solche Buchung völliger Unsinn ist, habe ich die Fahrt genossen. Interessant war, dass in New Jersey die Häuser und auch Straßen so gebaut waren, dass die Felsen, auf denen sie stehen sichtbar sind. Die Straßen waren hügelig und überall waren die Felsen zu sehen, das sah hübsch aus. Ich meine im Central Park gibt es das auch. New York war ein einziger Stau, Freitagnachmittag halt. Und dennoch ging es erstaunlich schnell voran. Die Sonne schien und ging gerade unter und ein unglaublich großer Mond ging zwischen den Wolkenkratzern auf. Es war beinahe romantisch.
Columbus Ohio, ich rede vom mittleren Westen, hat Geld von der Regierung bekommen um eine Zugverbindung von Cinncinati im Süden über Columbus nach Cleveland im Norden zu bauen. Eine Trecke von 350-400 Meilen Maximum, macht 500-550 Kilometer, sagen wir mal Köln-Berlin. Sie planen dass der Zug ca. 9 Stunden braucht. Sie wissen auch schon, wer ihn nehmen wird: Studenten, Senioren, Menschen ohne Auto und Menschen mit wenig Geld und sie möchten Geschäftsleute bekommen, die dann arbeiten können in der Zeit. Es ist deutlich zwischen den Zeilen zu lesen, dass das eigentlich eh nichts bringt. Warum baut man nicht einfach schnellere Strecken? Aber das sie das Geld von der Regierung bekommen haben, werden sie diese Strecke bauen. Vielleicht bekommen sie ja doch noch ne Idee, wie das schneller gehen könnte. Ein anderes Bauprojekt – auch ein Zug – ist nicht realisiert worden: es sollte ein Expresszug, so was wie eine S-Bahn, gebaut werden von Norden der Stadt in die Mitte der Stadt und dann nach Süden. Ein Pendlerzug. Das wäre eine gute Idee gewesen, ich wäre von hier weggekommen ohne Auto…
Gestern habe ich den Radweg entdeckt, der entlang des Flusses nach Norden und Süden geht. Der ist ganz neu gemacht, ich kann mich erinnern, dass ich ihn schon einmal gesucht und auch befahren habe vor 15 Jahren und er war in einem fürchterlichen Zustand.
Immer wieder fasziniert bin ich von der Gastfreundschaft in den Staaten. Diese Selbstverständlichkeit, jemanden ins eigene Haus aufzunehmen und einfach da zu haben und tatsächlich nicht nur das Gefühl zu geben: du bist hier zu Hause, sondern es auch so zu meinen. Das ist vielleicht die andere Seite der weiten und etwas überdimensionierten Anordnung von Häusern, Entwerfen von Geschirr (alles ist einfach riesig) und dem vielen Platz. Es gibt tatsächlich auch innerlich das Gefühl, dass Platz da ist.
Gleichzeitig ist es faszinierend, wie sehr die Lebenswelten getrennt existieren. Hier, in einem zu 95% weißem Vorort von Columbus kann man sich kaum vorstellen, dass es 10% Arbeitslose gibt, Armut und Wohnungslose. Man kann sich auch nicht vorstellen, dass Obama gewählt wurde. Hier bestimmt nur von sehr wenigen. Bei meinen Spaziergängen durch die Gegend habe ich ein Schild im Vorgarten gesehen, dass Zustimmung zur Gesundheitsreform signalisiert. In der Gegend, in der Nicole gelebt hat, vielleicht 5km entfernt und ein wenig gemischter, waren vor der Wahl in beinahe jedem Vorgarten Schilder zum „Yes, we can“ zu sehen. Es ist wenig in den Nachrichten zu hören über die Politik und in den Zeitungen sind es eher kritische Stimmen, etwas über den Ausgang zur Afghanistan-Konferenz habe ich nicht entdeckt.
Obwohl mich manches immer wieder befremdet und mir fremd bleibt, ist es doch ein Land, das mir in den letzten 22 Jahren sehr nahe gekommen ist und ich die Veränderungen sehen kann – Veränderungen, die in Deutschland eher in die andere Richtung gehen. Wird hier Bio-Essen, Bewegung, andere Schulformen, Recycling etc. entdeckt, so scheint das ja in Deutschland eher rückgängig zu sein (ich sage nur Bio-Müll in Plastiktüten).Heute werde ich das Rad schick machen und trotz Neuschnee ein wenig radeln – das ist und bleibt eine Revolution hier.
G#