Am Abend beginnt ein Sturm, der uns um unser Zelt fürchten lässt. Wir sind ja nicht nur in einem Tal, sondern auch noch in einem regelrechten Windkanal am Rande eines Flussbettes. Zum Glück hält das Zelt und der Sturm legt sich bald. In der Nacht ist ein Tier an unserem Zelt, Wolfgang findet, dass es ein Hund war, da er gebellt hat, Gunda ist der Meinung, dass Wolfgang gebellt hat, weil ein Tier an der Küchentasche knabbert. Auf jeden Fall ist die Küchentasche am Morgen in Ordnung und alles noch da. Es liegt Eis auf dem Zelt, aber die Sonne scheint immer wieder. Die Berge sind Wolkenverhangen und immer wieder kommen Wolken hinunter. Wir haben Glück und werden nicht nass. Der Anstieg zum Kotali-Jaman-Tal (Paß) ist in der Tat so knackig, wie wir ihn vermutet haben, die Ausblicke auf die Canyon um uns herum dafür umso schöner. Bald haben wir das Murgab (im Oberlauf Aksu bzw. Oksu genannt)-Tal erreicht und sehen hinab in die Ebene, in die die Wolken aus dem Bartang-Tal getrieben werden.
In der Ferne ist Murgab (tadschikisch: Мурғоб; russisch: Мургаб, in arabischer Schrift: مرغاب) zu sehen, die Beschreibung, es sehe aus wie ein Hafen ohne Meer, ist sehr zutreffend. Nach dem Checkpoint der Militia, freundlich wie immer, sind wir da. In Murgab!
Es ist beinahe unvorstellbar. War schon Duschanbe (tadschikisch/russisch Душанбе, persisch دوشنبه, wörtlich ‚Montag‘) in der Planung in Deutschland schon sehr weit weg, war der Pamir (womöglich aus Sanskrit upa-meru, „Nahe dem (Berg) Meru“, oder aus Persisch pāye mihr, „Zu Füßen Mithras“) wie eine andere Welt. Nicht vorstellbar und im Grunde immer eher an das Ende der Planung gerückt. Nun sind wir mitten drin. Es ist richtig Arbeit, in diesen Höhen Rad zu fahren, jede Anstrengung ist eine Anstrengung und bei jeder Steigung über 9% geht die Puste ganz schnell aus. Wenn es kaum Steigung oder keine Steigung hat, dann ist das Fahren selbst kaum anstrengender. Aber kleine Dinge wie Zelt aufbauen, etwas Tragen oder Aufstehen nach dem Sitzen sind alles Routine-Tätigkeiten, die hier oben zu spüren sind. Heute ist es besonders schwer, vielleicht macht Bewölkung noch einmal etwas aus im Sauerstoffhaushalt. Auf jeden Fall sind wir froh, in Murgab zu sein und dort nach einigem Suchen auch die Unterkunft gefunden zu haben, die Strom und sogar Heizung und warmes Wasser verspricht.
Wir bekommen das große Zimmer, weil wir vier Nächte bleiben. Der Gang zum Basar ist nett, der Basar eine Ansammlung von Containern,
heute haben nicht alle geöffnet, denn heute ist Feiertag: Tag des Sieges (russisch День Победы, wiss. Transliteration Den' Pobedy). Wir finden ein Café, in dem es gutes Essen gibt und kämpfen uns gegen den Sturm zurück.
8. Mai, Alichur bis kurz vor Murghab (Tajik Мурғоб; Russian Мургаб, from the Persian word مرغاب meaning "river of the birds"), 91,9km, 11251 Gesamtkm
Datum: 8.5.11
Tag: 281
TagesunterstützerIn: Marlene Lautze
von: Alichur m NN 3863
nach: Murghab m NN 3666
km 91,9
Gesamt km 11252,3913
km/h: 15,6
Fahrzeit 05:53
gesamte Fahrzeit: 880:26:00
Anstieg in m pro h 97,73
Anstieg in m 575
Abfahrt in m: 772
höchster Punkt in m NN 4136
Steigung/Gefälle 1,47 Die Nacht ist ziemlich kalt gewesen und auch der Morgen ist kalt und klar. Wir bekommen Milchreis zum Frühstück! Und dürfen das Brot einpacken.
Der Sturm bleibt uns als Rückenwind treu und der Asphalt bleibt auch und so sausen wir dem nächsten Pass (Neizatasch - 4.137 m NN) entgegen, der ganz flach ist. Es ist ein schönes Fahren und wir halten immer wieder einmal an, um die eine oder andere Yakherde zu fotografieren.
Am Pass gibt es einen Mittagssnack
und dann geht es in ein Tal hinein.
Dort sind die ersten Jurten aufgebaut und es gibt mehr Yackherden. Die Felsen sind rot, der Fluss hat sich tief hineingefressen.
Manchmal sind natürliche Brücken im Felsen zu sehen, aber immer noch kein Marco-Polo-Schaf.
Wir bleiben im Tal, auch wenn es nicht mehr weit bis Murgab ist, aber vor uns liegt eine der vielen 15% Rampen den Berg hinauf und die schauen wir uns lieber bis morgen von unten an.
7. Mai , Hinterm Pass bis Alichur, 45,5 km, 11159 Gesamtkm
Datum: 7.5.11
Tag: 280
TagesunterstützerIn: Wolfgang Spohn-Haniel
von: Bulunkul m NN 4024
nach: Alichur m NN 3863
km 45,5
Gesamt km 11160,4913
km/h: 9,6
Fahrzeit 04:44
gesamte Fahrzeit: 874:33:00
Anstieg in m pro h 117,04
Anstieg in m 554
Abfahrt in m: 715
höchster Punkt in m NN 4164
Steigung/Gefälle 2,79 Es sind 5 Grad im Zelt und unser Abwaschwasser ist gefroren. Wir sind wieder in der Wüste und so ist nichts weiteres an- oder eingefroren. Wir bauen im Sturm bei einem strahlend blauen Himmel ab und haben unsere Mühe, den Sand aus möglichst vielem rauszuhalten.
Nachdem das Wasser gefiltert ist, fahren wir zurück auf die Hauptstraße,
die schnell in Schotter wechselt und für einige Kilometer Schotter bleibt.
Bergauf heißt das Schieben, bergab ist es immer eine Entscheidung zwischen Fahren und Rutschen oder Schieben. Irgendwann kriegt Gunda die Krise, weil sie befürchtet, bis zur kirgisischen Grenze schieben zu müssen. Der Sturm bleibt und fegt wieder die Wolken an den Bergkamm.
Wir blieben trocken, es bleibt die Wüste um uns. Irgendwann kommt der Asphalt wieder und damit steigt die Stimmung
und wir können mehr wahrnehmen als die Steine und Schlaglöcher vor uns. Bald sehen wir die beiden Salzseen in der Ebene vor uns
und sehen nun wirklich den Weg, auf dem wir sonst gekommen wären. Der andere Weg war auch ein Weg in die Wakhan-Ebene, aber nun wirklich nur für Mountain-Bikes.
Piet wird ihn in der anderen Richtung fahren.
Isabell und Uwe werden ihn in ein paar Wochen fahren. Da es erst Anfang Mai ist, haben wir uns nicht getraut...
Es geht bergauf und bergab
, die Wolken werden immer mehr und immer schöner und es wird wieder kälter.
Uns kommt ein Jeep entgegen, ihm entspringt ein Engländer, der uns anspricht und uns Wasser und: zwei Cadbury-Müsli-Riegel gibt! Was für ein Luxus! Beides genießen wir mit der Aussicht auf ein weiteres Tal, das sich eröffnet.
Hinter der nächsten Kurve stehen die ersten chinesischen Lastwagen mit einer Reifenpanne. Es sind Sechs-Achser, daß die nicht bis Dushanbe kommen, ist mehr als verständlich. Wir sind so begeistert, dass wir ein Foto machen
und dann weiter fahren, immer noch auf Asphalt, der hier ganz neu wirkt. Nach einem kleinen Pass und um die nächste Kurve sehen wir Alichur vor uns. Wir sind begeistert. Dort soll es eine Unterkunft geben und außerdem einen Laden. Beides finden wir und kommen so zum ersten Mal in ein kirgisisches Haus, das zwei Zimmer im Angebot hat: ein großes, aber kälteres und kleines, aber warmes. Wir nehmen das größere. Der Badekessel wird für uns geheizt, es gibt viel Brot, getrocknete Butter, Wurst und eine sehr leckere Suppe. Es wird ein Generator angeschmissen und die Tür zum Koch- und Essraum offen gelassen, so dass es ein wenig warm wird.
6. Mai, Jelnody bis hinterm Koitezek Pass, 43,39km, 11240 Gesamtkm
Datum: 6.5.11
Tag: 279
TagesunterstützerIn:
von: Jelondi m NN 3525
nach: Bulunkul m NN 4024
km 43,39
Gesamt km 11114,9913
km/h: 7,8
Fahrzeit 05:30
gesamte Fahrzeit: 869:49:00
Anstieg in m pro h 153,45
Anstieg in m 844
Abfahrt in m: 345
höchster Punkt in m NN 4272
Steigung/Gefälle 2,74
Nach einem weiteren wenn auch kurzen Bad
bekommen wir unser Frühstück: vier gekochte Eier und Brot. Ein Ei ist nicht gut, so bekommen wir dafür nach Nachfrage so viel Wurst, dass unser Mittagessen gerettet ist. Wir fahren im Sonnenschein und T-Shirt los und erfreuen uns des schönen Wetters. Bald sind die ersten Eiswolken am Himmel und es stürmt schon wieder ziemlich.
Dennoch ist es noch gutes Wetter und wir kommen gut voran. Die Straße bleibt asphaltiert und die Steigungen in der Regel sanft. Bald sehen wir den Weg, den die beiden anderen Radfahrer genommen haben. Wir holen an dem Bach und der verschwundenen Brücke Wasser
und sind froh, dass wir nicht den Weg fahren. Es ist ein Feldweg, der sich mal im Schnee, mal im Bach mal im Nirgendswo verliert und verläuft.
Dennoch ist es ein in der Karte eingezeichneter Weg. Unsere Straße wird bald steiler und wir sehen schon den Passverlauf. Der Schnee ist auf unserer Höhe.
Auf 3.900 m ist ein Haus und wir werden zum Essen eingeladen. Wir lehnen ab, denn inzwischen ist der Himmel eher schwarz denn blau und es stürmt sehr und wir wollen lieber über den Pass. Kurz darauf hört der Asphalt auf und wir schieben die restlichen 400 Höhenmeter den Berg hinauf.
Es geht besser als gedacht und hat den Vorteil, dass wir von der Landschaft viel sehen, mehr, als wenn wir gefahren wären und auf den Boden hätten schauen müssen. Wir werden wiede reinmal von der GiZ überholt. Diesmal im Schritttempo. Wir hätten ja schon gedacht, dass sie anhalten und uns Tee oder irgendwas anbieten, schließlich hängen wir kurz vorm Schneesturm auf 4.100 m auf einer Schotterpiste am Berg mit ohne Atem. Aber denkste Puppe!
Als wir meinen, dass wir oben sind,
geht es noch einige Kilometer recht sachte durch ein Zwischental weiter bergauf.
Der Himmel ist inzwischen sehr schwarz
und hinterm Pass essen wir im „Windschatten“ der Räder – mit allen Wintersachen angezogen - unser Mittagessen um 16.00- Aber wir haben den Pass geschafft! Auf 4.271 m. Es geht!
Danach werden wir vom Sturm den Berg über eine Abwechslung aus Schotter und Schlamm und Asphalt hinabgejagt, mal mit Schnee, mal ohne.
Es ist ein Naturschauspiel. Denn der Schneesturm wirbelt hier nur Sand auf, wir sind schon wieder in einer Wüste.
Dort bleiben wir dann auch auf der alten Straße auf 4.000 m Höhe, aber mit fließendem Wasser neben uns.
An das Wasserpumpen haben wir uns schon gewöhnt. Es stürmt und wir kämpfen mit dem Zelt, aber als es steht, sind wir wieder einmal froh, dass es so ein dichtes Zelt ist.
Und hier der blog vom Reiseradkollegen