Sie ist die älteste und längste Handelsroute der Welt: Die Seidenstraße. Seit mehr als 3000 Jahren verbindet sie Mittelmeer und Fernen Osten, Orient und Okzident.
Gunda Werner-Burggraf und ihr Mann, Wolfgang Max Burggraf, stehen vor dem Abenteuer ihres Lebens: Am ersten August brechen sie in ihrer Heimatstadt Bonn auf und sind dann für 400 Tage auf der Seidenstraße unterwegs - und zwar mit dem Fahrrad. Ihr Ziel liegt im Fernen Osten: Wladiwostok. Dazwischen: Zehntausende Kilometer Steppe, Wüste und Entbehrungen. Dort, wo früher römische, persische und chinesische Händler in den Kontoren feilschten, suchen die beiden Radfahrer vor allem den Kontakt mit den Menschen. Von früheren, gemessen an dem Mammutprojekt „silkroad-project“ kleineren Touren erzählen sie:
„Wir haben da ganz unterschiedliche Erfahrungen gemacht, abhängig auch von den jeweiligen Ländern und Sprachen. Unsere Erfahrung ist, dass Menschen uns ansprechen, wenn wir mit den zwei Rädern und dem Anhänger kommen und fragen, wo wir herkommen, wo wir hinwollen, wie weit wir jetzt schon gefahren sind. Wir müssen den Kontakt nicht suchen, sondern fahren durch Gegenden, wo es kaum noch Radtourismus gibt. Da sind wir manchmal direkt Dorfgespräch, wenn wir am Brunnen stehen und Wasser suchen. Dann kriegen wir auch Wasser angeboten, oder auch einmal eine Übernachtung. Von Radfahrern aus dem Iran habe ich gehört, dass das erste Wort, was man auf Farsi lernen muss, „Ja“ ist – weil man ständig zum Tee eingeladen wird, und dann nach Möglichkeit auch zusagen sollte.“
Zu Zeiten des Römischen Reiches kamen über die Seidenstraße Luxusgüter wie Seide und Purpur aus China in die Metropolen Westeuropas, später sollte das Schießpulver so nach Arabien und Europa gelangen, schließlich war es gar die Pestepidemie im Mittelalter, die auf der Handelsroute ihren Ausgang nahm. Eine Reise auf der Seidenstraße ist aber zugleich eine Reise durch die Weltreligionen. Aus dem christlichen Europa geht es in die islamischen Staaten im alten Persien, und dann in die ganzen Stan-Staaten.
„Gerade für uns als Katholiken wird es sehr spannend sein, sich in schwerpunktmäßig islamischen Ländern zu bewegen. Sicherlich ist das für mich als Frau noch einmal ein ganz anderes Thema als für meinen Mann: Ich werde die gesamte Zeit über ein Kopftuch tragen müssen. Dann kommen wir aus dem Islam in die buddhistische Region. Wir sind da sehr gespannt, wie das vor Ort, auch mit der Verständigung, sein wird, wie wir den Islam wahrnehmen werden, der ja auch unterschiedlich ist zwischen der Türkei und den Zentralasiatischen Staaten.“
Das, was man von diesen Ländern aus den Medien kennt, sieht vor Ort meist ganz anders aus, meint Wolfgang Max Burggraf:
„Ich glaube, aus unserer Perspektive werden die Konflikte sehr stark „religionisiert“, sodass man Vieles dem Islam zuschiebt. Ich erhoffe mir, auch als Theologe, einen sehr differenzierten Blick auf die Spiritualität der Menschen – und da sind es nicht nur die Weltreligionen, denen wir begegnen werden, sondern ganz konkrete Ausprägungen.“
Angst macht den beiden Radlern vor allem das Wetter und die Sorge um ihre Gesundheit:
„Ich habe immer erlebt, dass es Krisen gibt, die man durchstehen muss, das ist in der Regel der dritte Tag oder auch die Dritte Woche, die sowohl körperlich als auch psychisch sind. Man will einfach umdrehen und sieht keinen Sinn in allem. Wenn man diese Krise dann durch gestanden hat, dann ist das eine sehr kreative und sehr offene Phase und man kann sich vorstellen, auf lange Zeit so weiterzufahren. In dem Moment wird man dann auch offen für die Umgebung, es ist ein gewisses Loslassen von allem, was einen zuhause beschäftigt. Vielleicht ist es, als machte man große Exerzitien, die dann nur nochmals größer sind, um dann auch eine Inspiration und eine zweite Berufung für das Arbeitsleben zu finden.“
(rv 01.07.2010 tb)
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