Dienstag, 21. Juni 2011

6.-9. Juni, Im Zug von Kashgar nach Shanghai; 310 - 313

6.-9. Juni, Im Zug von  Kaxgar (auch: Kashgar) nach  Shanghai (= englische Umschrift; chinesisch 上海  Shànghǎi?/i; im Deutschen auch Schanghai)
 
Unser Zug steht schon bereit. Zugfahren in China (chinesisch 中華人民共和國 / 中华人民共和国 Zhōnghuá Rénmín Gònghéguó Aussprache?/i) ist ein wenig wie Fliegen. Man muss früher da sein, da es mehrere Kontrollen gibt. Um überhaupt ins Gebäude zu kommen, werden die Karten kontrolliert. Danach kommt ein Scanner für das ganze Gepäck und für einen selbst. Danach darf man in den Warteraum, auch dieser genau aufgeteilt. Die Tür zum Bahnsteig wird erst kurz vor der Abfahrt geöffnet, was zu einem relativem Chaos führt, da vor Betreten des Bahnsteigs eine weitere Kontrolle ist. Die letzte ist dann vorm Einsteigen in den Zug. Auf dem Weg zum Bahnsteig treffen wir eine Radfahrerin, die auf ihr Rad, besser Räder, wartet. Sie warten nun schon den zweiten Tag.
Wir teilen uns das Schlafwagenabteil mit zwei Touristen aus Singapur (amtlich Republik Singapur, englisch Republic of Singapore, malaysisch Republik Singapura, chinesisch 新加坡共和国 Xīnjiāpō Gònghéguó, auch: 新加坡, Tamil சிங்கப்பூர் குடியரசு Ciṅkappūr Kuṭiyaracu). Diese Reise ist schön und entspannend, da wir ein Bett oben und ein Bett unten haben. Die Betten werden nicht umgebaut, so ist es essentiell, ein Bett unten zu haben. Es ist lange hell, so können wir der Taklamakan-Wüste (auch Takla Makan, chinesisch 塔克拉瑪干沙漠 / 塔克拉玛干沙漠 Tǎkèlāmǎgān Shāmò oder Taklimakan Shamo, Uighur: Täklimakan Toghraqliri) im Vorbeifahren zu schauen. Sie begrüßt uns mit schlechtem Wetter und Sandsturm. Die Oasen (v. griech. óasis „bewohnter Ort“; aus dem Ägyptischen, altägyptisch waset „Kessel“) sind immer wieder eine wohltuende Unterbrechung. Zwischenzeitlich gibt es tatsächlich nichts außer Sand.

7. Juni

Auch am Morgen hat sich nicht viel geändert. In der Nacht sind wir durchs Gebirge gefahren und ein wenig können wir die Schluchten noch erahnen, die wir verpasst haben. Auch hier ist die Farbe Braun in allen Tönen die überwiegende.
Ürümqi (auch: Urumtschi oder Urumchi, bis 1954 Dihua) ist das geographische Zentrum Asiens und dort sind wir für drei Stunden. Wolfgang setzt sich in ein Mietbüro (vermuten wir) im Bahnhofshotel und liest im Computer und Gunda läuft ein wenig durch die Stadt. Sie ist vom Anblick her zunächst sehr modern, nur an den Hügeln sind Lehmhäuser zu sehen. Hier sind viel mehr Obdachlose und bettelnde Menschen. Wir hatten uns in Kaxgar (in der Antike chinesisch 疏勒 Shūlè, altgriechisch möglicherweise Kasia[1]) immer gewundert, dass es doch so wenig sind angesichts der politischen und sozialen Situation in Xinjiang (offiziell 新疆維吾爾自治區 / 新疆维吾尔自治区 Xīnjiāng Wéiwú'ěr zìzhìqū; offiziell uigurisch: شىنجاڭ ئۇيغۇر ئاپتونوم رايونى Xinjiang Uyƣur Aptonom Rayoni, deutsch: Uigurisches Autonomes Gebiet Xinjiang, veraltete Kurzform: Sinkiang). In Urumqui ist es anders. Ürümqi (auch: Urumtschi oder Urumchi, bis 1954 Dihua) ist so groß, dass der Bahnhof die Annehmlichkeit eines eigenen Warteraums für den Schlafwagen hat. Wir finden ihn zunächst nicht und werden erst dahin geführt, als wir im allegemeinen Warteraum jenseits der Sperrleine stehen und unser Ticket zeigen (da darf man nämlich nicht stehen, egal wie voll die Sitzreihen sind. Diese sind mehr als voll, denn Leute liegen da und schlafen, haben ihr Gepäck dort oder liegen direkt am Boden davor. Das scheint erlaubt). Der Warteraum ist riesig mit Ledersofas und direkt in der Nähe des Bahnsteigs. Wir dürfen auch als erstes zum Zug. Diesmal haben wir zwei obere Betten. Die beiden unteren sind durch ein chinesisches Paar belegt und die sind so drauf, dass es gar keine Frage ist, wer dort sitzt. Die beiden liegen dort die gesamte Zeit und damit sind wir entweder auf das obere Bett verbannt (dort sieht man nichts) oder auf den Flur (dort sieht man was, ist aber grandios unbequem) oder den Speisewagen (total verraucht). So sehen wir eine Seite der Landschaft. Bis zum Abend bleibt es Wüste. Als wir am Morgen aus dem Fenster schauen, ist es bereits grüner und die Wüste ist nun auf unserer Fensterseite, wenn auch weit entfernt, jenseits der Oasen (v. griech. óasis „bewohnter Ort“; aus dem Ägyptischen, altägyptisch waset „Kessel“) ist die Innere Mongolei (chinesisch 內蒙古 Nèi Měnggǔ; Mongolisch: Oburmonggul.svg; in kyrillischer Schreibweise Өвөр Монгол; Öbür mongɣul) und mit ihr die Reste der Chinesischen Mauer (chinesisch 萬里長城 / 万里长城 Wànlǐ Chángchéng ‚10.000 Li lange Mauer‘; auch chinesisch 中國長城 / 中国长城 Zhōngguó Chángchéng ‚Lange chinesische Mauer‘). Wir können sie nicht sehen. Mit ihr ist aber auch die Wüste zu Ende. Als wir nach einem Mittagsschlaf aus dem Fenster schauen, sieht alles anders aus: die Häuser erinnern nun an die chinesische Architektur, wie sie aus Bildern bekannt ist, es stehen viele Tempelanlagen auf Hügeln und Anhöhen. Es ist grün und bis zum Abend sehen wir Wald. Es geht immer wieder durchs Gebirge, hier ist alles untertunnelt. 

8. Juni

Der Morgen begrüßt uns mit der Farbe Grün. Es ist alles grün, Die Dörfer sind eingerahmt von Grün. Aber auch hier kann das Grün den ganzen Müll nicht verdecken, der überall rumliegt. Ebenso wenig wie der Sand es konnte. Jeder Fluss, egal ob klein oder groß, ist an den Hängen komplett vermüllt. Hier ist der Himmel vor jeder Stadt so versmogt, dass zum Teil die Hochhäuser nicht zu sehen sind. Dies begleitet uns ebenso die ganze Reise. Ebenso sind hier die Felder bewässert und klein. Es sind regelrechte Terrassenfelder, die trockenen Flussbette sind ebenfalls als Felder genutzt, nur der kleine Bereich, der als Rinnsal den Fluss bildet, ist freigelassen.
Es gibt viele Gräber, die entweder einfache Sandhügel sind mit einem Stein oben drauf, oder aber eine runde Mauer um den Sandhügel haben und Steine auf dem Boden als Kreis drum herum gelegt. Oft sind die Gräber direkt neben den Flüssen oder Bächen. Hier sind wieder auch viele Latrinen auf dem Land zu sehen. Durch die vielen Tunnel sehen wir nicht so viel und erahnen wieder nur die Schluchten, die leider auf der anderen Seite sind.
Das Essen im Speisewagen ist ganz ok, obwohl wir auch so viel dabei haben, dass wir – wie eigentlich alle – ganze Abteile hätten versorgen können. Es gibt in jedem Wagen einen großen Behälter mit kochendem Wasser. Das ist ein großer Luxus, zumal hier ja alle diese Fertig-Nudeln in den Boxen essen. Wir sind bis zum Abend die einzigen Ausländer im Wagen, aber als solche überhaupt nicht mehr von Interesse. Eine ganz ungewohnte Situation. Ebenso ungewohnt ist der rauhe Umgangston des Personals und der Leute selbst. Es wird gerempelt ohne jegliche Entschuldigung. In China kann man – wenn man das denn will – wirklich lernen, die europäische Höflichkeit weit hinter sich zu lassen. Mit ihr kommt man aber noch nicht mal bis zum Klo. Denn es bewegt sich keiner um einen durchzulassen. Es hilft nur Rempeln oder laut schimpfen. Da ist übrigens auch die Sprache egal. Es kommt nur auf die Lautstärke drauf an.
Inzwischen wird es viel früher dunkel.

9. Juni

Der letzte Zugtag beginnt wie in den letzten Morgenden auch um 7:00 mit der Zugbeschallung, die aber auch ausgeschaltet werden kann. Unsere beiden chinesischen Schätzchen haben sie aber ganz laut gestellt und verstehen leise stellen nicht. Da der Lautsprecher neben uns im oberen Teil ist, sind wir hellwach. Ein wenig üben wir uns in Rücksichtslosigkeit und machen Krach (also nicht wirklich im Vergleich zum landesüblichen), reden laut (also im Vergleich leise), lassen unsere Füße baumeln (was bei ungewaschenen Socken vielleicht doch was ist) und putzen uns die Nase! (das ist wohl das effektivste). Heute Morgen schaffen wir es aber dann doch, die Beschallung auszuschalten. Welch eine Ruhe!
Über Nacht sind wir im Süden angekommen. Draußen sind es annähernd 40 Grad und wir sehen die ersten Wasserbüffel! Es sind Palmen zu sehen und Bananenbäume, viele, viele Reisfelder ebenso wie große Getreidefelder, die hier nach der ersten Ernte alle abgebrannt werden.
Die ländliche Gegend weicht immer mehr den Städten und bald fahren wir von einer Stadt in die andere nicht ohne vorher über den  Jangtsekiang (chinesisch 長江 / 长江  Cháng Jiāng?/i ‚Langer Fluss‘) zu fahren. Ein riesiger Fluss. Wir kommen doch tatsächlich mit einer halben Stunde Verspätung in Shanghai (chinesisch 上海  Shànghǎi?/i, im Deutschen ursprünglich Schanghai, Shanghaiisch: Zanhe /zɑ̃'he/) an.

Es begrüßt uns eine ungewohnte Hitze und ein schöner Bahnhof. 


In sicherer Entfernung zum Gepäckwagen bleiben wir stehen und schauen den Männern zu. 


Es scheinen unsere blauen Säcke angekommen zu sein, 


aber unsere Räder haben wir nicht gesehen. Neben uns kommt einer der Schnellzüge an. Vorher steht die Putzkolonne in Reih und Glied. 

 
Überhaupt steht man hier stramm und in Reih und Glied.Die Zugbegleiter bei jedem Stop an der Tür auf dem Bahnsteig, alle in eine Richtung schauend. Alle Bahnarbeitenden, egal ob auf dem Bahnsteig oder an der Strecke, müssen stramm stehen und zum Zug schauen, wenn er vorbei fährt. Wobei wir schon annehmen, dass dies bei den großen Bahnhöfen wohl nicht so ist, denn dann kämen die Menschen vor Stehen ja zu nichts anderem mehr. Wir finden den Terminal für die Taxen und mit Hilfe des Telefons findet der Taxifahrer auch die kleine Gasse, die zum Hostel führt. Es ist ein Hostel, das zum Verband der internationalen Jugendherbergen gehört und in einer alten Fabrik untergebracht ist. Nun sind wir in einer ganz anderen Welt gelandet, das erste Mal seit Istanbul [ˈˀi.stan.buːl] (türkisch İstanbul [isˈtɑnbul]). Lauter Backpacker, alle um die 20-30.

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